Solar photovoltaic panels and wind turbines. Energy concept

Emissionshandel und neue Technologien als Eckpfeiler für den Klimaschutz


Am 09.04.2025 präsentierten CDU, CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ der am 05.05.2025 von den Koalitionsparteien unterzeichnet worden ist. Ein zentrales Thema ist die Klimapolitik, insbesondere die Rolle des europäischen Emissionshandels (EU Emissions Trading System, EU ETS II) und des nationalen Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG).

EU ETSII: Erweiterung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr

Mit der Richtlinie (EU) 2023/959 wurde das bestehende europäische Emissionshandelssystem um das EU ETS II ergänzt. Das bisherige EU ETS für stationäre Anlagen wie etwa Raffinerien bleibt als EU ETS I erhalten. Die Ausgestaltung des EU ETS II erfolgt auf nationaler Ebene durch die Reform des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG), die im März dieses Jahres in Kraft getreten ist (siehe dazu auch EU ETS II: Der neue Weg zur Klimaneutralität – was ist zu tun?).

Der Koalitionsvertrag bekräftigt die Einführung des EU ETS II, das ab 2027 Emissionen aus den Sektoren Gebäude und Verkehr in das europäische Emissionshandelssystem integriert. Eine wesentliche Neuerung ist die Einführung eines sogenannten Upstream-Mechanismus, ähnlich dem nationalen Emissionshandel: Verpflichtet sind nicht die Nutzerinnen und Nutzer fossiler Brennstoffe (zum Beispiel Autofahrer oder Haushalte mit Heizungen), sondern die Unternehmen, die die Brennstoffe im Anwendungsbereich des EU ETS II in Verkehr bringen (etwa Gashändler). Von der Möglichkeit der Einbeziehung des Sektors Landwirtschaft in den EU ETS II wird hingegen kein Gebrauch gemacht. Ziel ist es, durch marktbasierte Mechanismen Anreize zur Emissionsminderung zu schaffen. Die Koalition bekennt sich klar zur CO₂-Bepreisung als zentralem Bestandteil ihres klimapolitischen Instrumentenmix. Dabei stehen die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft und die soziale Akzeptanz im Vordergrund.

BEHG: Nationale CO₂-Bepreisung als Übergangslösung

Bis zur vollständigen Einführung des EU ETS II bleibt das BEHG das zentrale nationale Instrument zur CO₂- Bepreisung in Deutschland. Der Koalitionsvertrag bestätigt die Fortführung des BEHG mit einem ansteigenden CO₂-Preis, der jedoch sozial ausgewogen gestaltet werden soll. Die Einnahmen sollen weiterhin für Klimaschutzmaßnahmen und zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger verwendet werden. Zugleich wird ein fließender Übergang des BEHG in das EU ETS II angestrebt, um europaweit einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Das bedeutet, dass ein Großteil der bisher im BEHG verantwortlichen Akteure künftig auch im EU ETS II zu den verpflichteten Unternehmen zählen wird. Verantwortliche müssen daher besondere Aufmerksamkeit walten lassen. Die Implementierung des EU ETS II befindet sich von 2024 bis 2026 in der sogenannten Berichtsphase. Bereits ab 2025 ist ein Emissionsbericht im Rahmen des EU ETS II einzureichen, der die Brennstoffemissionen des Jahres 2024 abbildet. In den kommenden Jahren gelten das BEHG und das neue TEHG einschließlich des EU ETS II parallel für Inverkehrbringer von Brenn- und Treibstoffen. Für die Jahre 2024 und 2025 sind daher jeweils zwei separate Emissionsberichte abzugeben.

Soziale Kompensation: Klimageld und Entlastungsmaßnahmen

Um soziale Gerechtigkeit und soziale Verträglichkeit zu gewährleisten, plant die Koalition die Einführung eines Klimageldes. Dieses soll aus den Einnahmen des Emissionshandels finanziert werden und insbesondere einkommensschwächere Haushalte entlasten. Um plötzliche Preissprünge für Verbraucherinnen, Verbraucher und Unternehmen zu vermeiden, sollen gezielte Instrumente zum Einsatz kommen. Die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung will die Koalition an Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zurückgeben. Ergänzend sind weitere entlastende Maßnahmen vorgesehen – etwa die Anpassung der Pendlerpauschale sowie Förderprogramme im Bereich Wohnen und Mobilität –, um niemanden zu überfordern. Besonders betroffene und im Wettbewerb stehende Wirtschaftsbranchen sollen zudem unbürokratisch kompensiert werden. Zudem sollen Mittel aus dem Europäischen Klimasozialfonds verwendet werden, um besonders betroffene Haushalte gezielt zu unterstützen.

Carbon Leakage: Schutz der Wettbewerbsfähigkeit

Die Koalition erkennt die Gefahr des Carbon Leakage an, bei dem Unternehmen aufgrund hoher CO₂-Kosten ihre Produktion ins Ausland verlagern könnten. Um dem entgegenzuwirken, sind weiterhin Maßnahmen wie die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten für besonders betroffene Branchen vorgesehen. Zudem unterstützt die künftige Bundesregierung die Einführung eines CO₂- Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) auf europäischer Ebene, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Union und SPD befürworten dabei aktiv die Vorschläge der EU-Kommission zur Vereinfachung des CBAM im Rahmen des sogenannten Omnibus-Pakets, um das Instrument unbürokratischer und effizienter auszugestalten. Das beinhaltet insbesondere die Einführung einer Bagatellgrenze. Der CBAM soll künftig erst ab einer jährlichen Importmenge von 50 Tonnen CBAM-relevanter Erzeugnisse greifen. Darüber hinaus setzt sich die zukünftige Bundesregierung für einen Ausgleich bei Exporten der vom CBAM erfassten Produkte ein. Sollte ein effektiver Carbon-Leakage-Schutz über den CBAM nicht gelingen, soll die Wettbewerbsfähigkeit exportorientierter Branchen auch weiterhin durch die kostenfreie Zuteilung von Emissionszertifikaten gesichert werden. Für die nationale Umsetzung des CBAM in Deutschland schafft das novellierte TEHG die erforderlichen Rechtsgrundlagen. Nach § 11 Abs. 1 TEHG übernimmt das Umweltbundesamt die Zuständigkeit für den Vollzug der genannten CBAM-Rechtsakte.

Ein weiterer kritischer Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und die Transformation der Industrie ist die Dauer von Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen. Diese Verfahren sollen spürbar verkürzt werden (siehe dazu auch Der Koalitionsvertrag: ein Wegbereiter für Beschleunigung in Planungs- und Genehmigungsverfahren? ); dazu plant die künftige Bundesregierung, die die Industrie betreffenden EU-Richtlinien konsequent im Sinne einer 1:1- Umsetzung in nationales Recht zu übertragen. Ziel ist es, die Abwanderung energieintensiver Unternehmen aufgrund unterschiedlicher Klimaschutzstandards zu verhindern. Darüber hinaus sollen marktgerechte Instrumente geschaffen werden, um Leitmärkte für klimafreundliche beziehungsweise klimaneutrale Produkte zu etablieren, etwa durch Quoten für die emissionsarme Herstellung von Stahl, eine Grüngasquote oder vergaberechtliche Vorgaben.

Negative Emissionen: Kompensation unvermeidbarer Emissionen

Der Koalitionsvertrag unterstreicht die zentrale Rolle negativer Emissionen für die Erreichung der Klimaneutralität bis 2045. Dazu sollen Technologien wie die CO₂-Abscheidung und ­Speicherung (CCS) bzw. ­Nutzung (CCU) gezielt gefördert werden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Zusammenarbeit mit Partnerländern zur Umsetzung hochwertiger CO₂-Entnahmeprojekte zur Kompensation unvermeidbarer Emissionen. Um schwer vermeidbare Emissionen insbesondere in Industriesektoren wie dem Zementsektor und in Gaskraftwerken zu reduzieren, will die künftige Bundesregierung ein Gesetzespaket zur Abscheidung, Nutzung, Speicherung und zum Transport von Kohlendioxid verabschieden. CCS-/CCU-Anlagen sowie entsprechende Leitungen sollen als Vorhaben im überragenden öffentlichen Interesse eingestuft werden. Die Ratifizierung des London-Protokolls, das den Export von Kohlendioxid sowie dessen Speicherung unter dem Meeresboden außerhalb Deutschlands ermöglicht, und der Abschluss bilateraler Abkommen mit Nachbarländern genießen dabei höchste Priorität. Die Offshore-CO₂-Speicherung in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und auf dem Festlandsockel der Nordsee sowie eine begrenzte Onshore-Speicherung in geeigneten Regionen sollen ermöglicht werden. Zusätzlich wird Direct Air Capture (ein technologisches Verfahren, bei dem CO₂ direkt aus der Umgebungsluft gefiltert und anschließend gespeichert oder weiterverwendet wird) als Zukunftstechnologie zur Schaffung weiterer Negativemissionen betrachtet. Die Stahlindustrie, als strategischer Eckpfeiler der deutschen Wirtschaft, soll umfassend bei ihrer Transformation unterstützt werden – unter anderem durch den Einsatz von CCS-Technologien und die gezielte Förderung des Stahlschrott-Recyclings, das konsequent durchgeführt kurzfristig einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten kann. Stark betroffene Wirtschaftsbranchen sollen zudem unbürokratisch entlastet werden.

Internationale Zusammenarbeit: Partnerländer und globale Verantwortung

Die zukünftige Bundesregierung plant, bis zu 3 Prozentpunkte der CO₂-Reduktionsziele durch Projekte in Partnerländern zu erreichen. Diese sollen hohen Qualitätsstandards entsprechen und langfristig zur globalen Emissionsminderung beitragen. Dabei steht die Unterstützung von Entwicklungsländern im Fokus, um eine gerechte und nachhaltige Klimapolitik zu fördern. Auch auf europäischer und internationaler Ebene soll der Emissionshandel weiter vorangetrieben und zusätzliche Länder für eine CO₂-Bepreisung gewonnen werden.

Fazit

Der Koalitionsvertrag formuliert ambitionierte Ziele für den Klimaschutz und setzt dabei auf einen umfassenden Instrumentenmix aus Emissionshandel, sozialer Kompensation und internationaler Zusammenarbeit. Mit der Einführung des EU ETS II, der Weiterentwicklung des BEHG und des TEHG sowie der Umsetzung des CBAM werden zentrale Weichen gestellt, um Emissionen effektiv zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Allerdings wird die erfolgreiche Umsetzung maßgeblich davon abhängen, ob die geplanten Maßnahmen rechtzeitig, praktikabel und sozial ausgewogen ausgestaltet werden können. Besonders die Balance zwischen ökologischen Zielen, wirtschaftlicher Belastbarkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz wird entscheidend sein. Der Koalitionsvertrag schafft dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen – ihre Ausfüllung wird jedoch erhebliche politische und administrative Anstrengungen erfordern. Bei Fragen oder Unterstützungsbedarf rund um die Klimapolitik im Koalitionsvertrag 2025, insbesondere zum Umgang mit dem EU ETS II oder Antragstellungen nach der Carbon-Leakage-Verordnung, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Kontaktpersonen: Maximilian Töllner, Alexander Löhle