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Wie Rechtsabteilungen ihren Wert im Unternehmen steigern können

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Ohne rechtlichen Input geht es nicht – ohne Business Output aber auch nicht. Also müssen General Counsel Offices mehr Digitalisierung wagen.

Rechtsabteilungen haben in ihren Unternehmen lange Zeit einen Sonderstatus genossen. Doch der digitale Wandel bringt den Ruf nach mehr Transparenz und Effizienz in jede Branche – und beeinflusst den Arbeitsalltag in jeder einzelnen Abteilung.

General Counsel Offices gelten in vielen Unternehmen als Späteinsteiger in Sachen Digitalisierung – als Abteilung, die besonders zögert, innovative Methoden rasch einzuführen. Personalabteilungen oder CFO-Büros etwa sind oft schon deutlich weiter.

Doch außer auf Paragrafen kommt es auch auf Performance an. Unter dem Druck ihrer Unternehmensführung müssen General Counsel Offices stärker als zuvor deutlich machen, welchen Beitrag sie zum Gesamtergebnis des Unternehmens leisten. Das schaffen sie nur, wenn sie sich mutiger und schneller verändern.

Überholte Ausgangssituation

Die alte Welt der Rechtsabteilungen war abgeschottet und komfortabel. Oft galt das Motto: „Was Anwälte machen, können nur Anwälte verstehen.“ Juristen genossen den Nimbus, ihre Arbeit gleiche einer undurchdringlichen Geheimwissenschaft. Die Rechtsabteilung wurde zu einem Ort, der eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt. Zudem galt sie in den Unternehmen nicht als Profitbringer, sondern als reine – und dabei unverzichtbare – Kostenstelle. Das befreite sie davon, ihren eigenen Wert rechtfertigen zu müssen – und entsprechend glaubten die Rechtsabteilungen oft, sie müssten sich nicht im selben Tempo bewegen und verändern wie andere Unternehmensbereiche. 

Das EY General Counsel Barometer 2020 gibt einen seltenen Einblick in den Stand der Digitalisierung bei vergleichbaren Inhouse-Rechtsabteilungen. Es zeigt auch deutlich, wo Nachholbedarf besteht: So nehmen viele General Counsel Offices zwar die Vorteile der Digitalisierung wahr. Sie selbst handeln aber nicht immer schnell genug.

Fünf Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt

Die alten Verhältnisse sind ins Wanken geraten. Von außen drängen neue Entwicklungen in die Unternehmen und bringen Veränderungen mit sich.

  • Der Kostendruck nimmt in allen Bereichen zu. Unternehmensführungen hinterfragen den Sonderstatus von Rechtsabteilungen und die Hausjuristen stehen zunehmend unter Druck, der Vorstandsetage ihren Beitrag zum Unternehmenswert zu erklären.

  • General Counsel Offices müssen mit immer komplexeren Regulierungen und weitreichenden Änderungen der Rechtslage fertig werden. Umwälzungen wie die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder der Brexit müssen sie schnell und verlässlich bewältigen.

  • Die Globalisierung schreitet weiter voran und Unternehmen erschließen laufend neue Märkte. Juristen müssen nicht mehr nur die Rechtslage im eigenen Land, sondern in mehr als 150 Ländern im Blick haben – und überall ändert sich die Gesetzgebung immer schneller.

  • Viele innovative Zukunftstechnologien lassen sich nur mit grundlegend veränderten Arbeitsabläufen übernehmen. Ein Beispiel ist Blockchain. Die Technologie wird etwa für Zahlungstransaktionen oder Vertragsabwicklung genutzt. 40 Prozent der von EY befragten leitenden Unternehmensjuristen rechnen damit, dass die Bedeutung dieser Technologie in den kommenden Jahren zunehmen wird.

  • Methoden wie Künstliche Intelligenz (KI) führen dazu, dass man Routineaufgaben immer öfter automatisiert erledigen kann. Das wird auch Arbeitsplätze von Juristen ersetzen. 40 Prozent der Befragten rechnen schon jetzt damit, dass Rechtsabteilungen davon betroffen sein werden.
General Counsel Barometer
der Befragten glauben, dass digitale Anwendungen ihren Arbeitsalltag verändern werden.

Warum Rechtsabteilungen Innovationen skeptisch sehen

Dennoch besteht in vielen Rechtsabteilungen eine deutliche Abneigung gegen Innovationen, die mehr Effizienz bringen können. Für die EY-Studie wurden 370 leitende Juristen (Legal Counsel Executives) aus Deutschland und der Schweiz zu konkreten, bereits verfügbaren digitalen Anwendungen befragt:

  • Dokumente automatisch erstellen
  • Verträge digital verwalten
  • Dokumente mit KI auswerten

Fast die Hälfte (49 Prozent) der Befragten hat nicht vor, diese Methoden einzuführen. Ebenfalls für 49 Prozent haben sie nur einen kleinen oder gar keinen Einfluss auf ihre Arbeit. Aber immerhin 76 Prozent glauben, dass die Methoden ihre Arbeit künftig beeinflussen werden. Und 90 Prozent derjenigen, die sie bereits nutzen, sind damit zufrieden.



General Counsel Offices unterschätzen weiterhin die Bedeutung innovativer Technologien wie KI und Blockchain. Sie drohen hinter andere Funktionen innerhalb ihrer Organisationen zurückzufallen, die offener für den Einsatz von Technologien sind, die mehr Effizienz und Sichtbarkeit bringen können.



Nötige Veränderungen

Aus Paragrafen Performance machen, aus rechtlichem Input Business Output – das geht nur mit einem grundlegenden Umdenken. Dafür sollten Juristen

  • sich klar machen, dass es nicht mehr nur um schrittweise Anpassungen geht, sondern dass echte Umbrüche anstehen.
  • bereit sein, sich schneller und weiter zu bewegen als bisher.
  • sich als Profitbringer sehen statt als Kostenstelle und im eigenen Unternehmen um Investitionen werben.
  • disruptive, innovative Verfahren akzeptieren – auch wenn das ihre Arbeit stark verändern wird.

Wie sieht diese Veränderung konkret aus? Mehr Automatisierung, etwa das routinemäßige Auswerten und Erstellen von Dokumenten durch KI kann zum Beispiel für den Austausch von veralteten Datenschutz-Klauseln genutzt werden. Die Anwendung von Technologien wie Blockchain verändert die Vertragsverwaltung. KI kann auch sich wiederholende Aufgaben großen Umfangs erledigen und beispielsweise neue Regulierungen überwachen oder große Mengen an Dokumenten überprüfen. Es hilft auch, diese Aufgaben an externe Rechtsdienstleister auszulagern. Im Vergleich zu traditionellen Kanzleien bieten diese Vorteile: besondere Kompetenzen, höhere Arbeitseffizienz (aufgrund von Automatisierung) und Kosteneffizienz, da die Aufgaben häufig an Standorten mit niedrigerem Lohnniveau erledigt werden.

 4 Gründe, warum sich die Veränderung lohnt

Disruption ist nicht nur eine Floskel, sondern längst Realität. Rechtsabteilungen werden von der Wucht des digitalen Wandels nicht ausgenommen bleiben. Juristen müssen mit den neuen technologischen Entwicklungen Schritt halten und sie, wo möglich, eher früher als später umsetzen. Der Einsatz digitaler Technologien bringt für General Counsel Offices zahlreiche Verbesserungen.

  • Berichterstattung digitalisieren: Mit passender Software können Rechtsabteilungen im eigenen Unternehmen besser und schneller klarmachen, woran sie gerade arbeiten und welchen Beitrag sie damit leisten. Solche Berichte werden heute noch oft manuell erstellt, während andere Abteilungen den Vorstand schon mit interaktiven Grafiken und Echtzeit-Auskünften beeindrucken.

  • Aufgaben optimaler erledigen: Eingehende Anfragen für Auskunft und Rechtshilfe aus anderen Abteilungen lassen sich auf einer digitalen Plattform besser verwalten, priorisieren, ggf. auslagern und bearbeiten. Das sorgt zudem für Transparenz.

  • Kosten senken und Mittel effizienter einsetzen: Das General Counsel Office leistet seinen Beitrag zum Unternehmensergebnis und ist keine reine Kostenstelle mehr.

  • Arbeitskraft der Beschäftigten effizienter verwenden: Wenn digitale Technologien repititive Aufgaben erledigen, wird Kapazität bei den Angestellten frei. Das erlaubt die Konzentration auf anspruchsvollere und wichtigere Aufgaben.

Fazit

Rechtsabteilungen sind Spätstarter in den digitalen Wandel. Doch auch sie müssen sich für Innovationen öffnen, um Schritt zu halten und ihren Wert für das eigene Unternehmen zu beweisen. An Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) und Blockchain wird in Zukunft kaum ein Weg vorbei führen. Dafür erleichtern sie auch die Arbeit, eröffnen neue Möglichkeiten und bringen mehr Effizienz. Deshalb sollten General Counsel Offices jetzt umdenken.

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