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Steuerliche Berichtigung vs. strafbefreiende Selbstanzeige – Teil 3: Besonderheiten bei Unternehmensselbstanzeigen


In der komplexen Landschaft des Steuerrechts stehen Unternehmen vor der Herausforderung, Steuererklärungen richtig und vollständig abzugeben. Doch was geschieht, wenn sich nachträglich ein Fehler herausstellt? Eigentlich ist der Fall klar. Nachträglich als unrichtig erkannte Steuererklärungen sind nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu berichtigen. Leider sieht es in der Praxis häufig anders aus und das Finanzamt behandelt eine Berichtigung als Selbstanzeige. Teil 3 der Beitragsserie geht auf die Besonderheiten einer Selbstanzeige im Unternehmenskontext ein.

Einführung

Bei weitem nicht jede Berichtigung nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO stellt eine Selbstanzeige wegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit nach § 378 Abs. 1 AO) oder gar einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung (Steuerstraftat nach § 370 Abs. 1 AO) dar. Kommt es zu steuerlichen Fehlern in einem Unternehmen, sind diese häufig auf einfach fahrlässige oder gänzlich schuldlose Verhaltensweisen zurückzuführen. Die Praxis zeigt aber, dass vor Einreichung einer Berichtigung vielfach nicht hinreichend sicher prognostiziert werden kann, wie die Finanzverwaltung auf diese reagiert. Um eventuellen Vorwürfen der Finanzverwaltung vorzubeugen, bietet es sich bei Berichtigungen im Unternehmenskontext regelmäßig an, diese vorsorglich so auszugestalten, dass die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO für die betroffenen Personen (mit) erfüllt werden.

Nach einem ersten Überblick „Steuerliche Berichtigung vs. strafbefreiende Selbstanzeige – Teil 1“ und einer allgemeinen Darstellung der positiven und negativen Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Selbstanzeige  „Steuerliche Berichtigung vs. strafbefreiende Selbstanzeige – Teil 2“ in der Oktober- bzw. Novemberausgabe des Newsletters widmet sich der dritte und letzte Teil der Beitragsserie den Besonderheiten einer Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO im Unternehmensbereich.

Ausgestaltung einer Berichtigungserklärung als (vorsorgliche) Selbstanzeige

Da, wie dargestellt, nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Finanzbehörden bei einer Berichtigung von Steuererklärungen von einem straf- oder bußgeldrechtlich vorwerfbaren Verhalten ausgehen, ist es regelmäßig zu empfehlen, die Berichtigung vorsorglich so auszugestalten, dass sie auch die gesetzlichen Voraussetzungen einer Selbstanzeige erfüllt. Ziel ist es dabei gleichwohl, dass die Berichtigung durch die Finanzbehörden als rein steuerliche Berichtigung und nicht strafrechtlich als Selbstanzeige behandelt wird. Die Einreichung einer zu „offensichtlichen“ Selbstanzeige sollte daher nach Möglichkeit vermieden werden.

Hier gilt zunächst, dass eine Selbstanzeige nicht als solche bezeichnet werden muss. Eine Unternehmensselbstanzeige kann daher auch unter dem Betreff „Steuerliche Berichtigung nach § 153 AO“ erfolgen. In geeigneten Fällen bietet sich aber auch ein „Informationsschreiben“ an, mit dem das Finanzamt über einen potenziell zu korrigierenden Sachverhalt informiert wird, das Unternehmen aber seine hiervon abweichende Rechtsauffassung deutlich macht. Bewährt hat es sich in der Praxis zudem, eine Selbstanzeige in die Beantwortung einer Prüferanfrage oder eine lohnsteuerliche Anrufungsauskunft „einzubauen“.

Das Schreiben sollte die Unrichtigkeit der Steuererklärung objektiv und neutral unter Angabe der steuerlich erheblichen Tatsachen und der zu korrigierenden Bemessungsgrundlagen darlegen, sodass das Finanzamt in die Lage versetzt wird, die Steuern ohne Weiteres zu veranlagen. Hierbei kann in Zweifelsfällen grundsätzlich auch eine für das Unternehmen günstige Rechtsauffassung vertreten werden, entscheidend ist die Offenlegung aller steuerlich erheblichen Tatsachen. Ermittlungsansätze für die Finanzverwaltung sollten vermieden werden. Von einer Darstellung unternehmensinterner Prozesse und Abläufe, Verantwortlichkeiten und einer Rechtfertigung des Fehlers ist daher regelmäßig abzuraten.

Unterschiede bestehen beim Berichtigungszeitraum. Orientiert sich dieser bei einer steuerlichen Berichtigung nach 153 Abs. 1 Satz Nr. 1 AO am Ablauf der regelmäßig vierjährigen steuerlichen Festsetzungsfrist, gilt für eine Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO ein zehnjähriger Mindestberichtigungszeitraum bzw. es ist auf die strafrechtlichen Verjährungsvorschriften abzustellen (15 Jahre bei Vorliegen eines besonders schweren Falles). Mit einer offenkundigen Berichtigung für die letzten 10 oder sogar 15 Jahre würde deutlich gemacht, dass das Unternehmen selbst von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ausgeht. Um dem soweit möglich vorzubeugen, bietet sich eine abgestufte Vorgehensweise an. In das Berichtigungsschreiben sind zunächst die steuerlich noch nicht verjährten Jahre aufzunehmen. Zeiträume, die darüber hinaus für eine wirksame Selbstanzeige offengelegt werden müssen, könnten im Anschluss lediglich höchstvorsorglich und ggf. mit Hinweis auf die erhöhte Bestandskraft nach § 173 Abs. 2 AO und den Eintritt der Festsetzungsverjährung dargestellt werden. Insbesondere in Fällen erschwerter Sachverhaltsaufklärung kommt für diese „Altjahre“ auch eine bloße Schätzung ohne Mitteilung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen in Betracht. Es muss dann aber – ggf. durch Berücksichtigung von Sicherheitszuschlägen – sichergestellt werden, dass mit der Schätzung eine vollständige Offenlegung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen erfolgt. Statt in das Schreiben selbst können die früheren Zeiträume auch lediglich in eine Anlage zu dem Schreiben aufgenommen werden.

Einbeziehung der im Risiko stehenden Personen

Gibt ein Unternehmen eine Berichtigungserklärung ab, die vorsorglich auch die Voraussetzungen einer Selbstanzeige erfüllen soll, ist die Erklärung auch im Namen der Unternehmensorgane und gegebenenfalls weiterer Mitarbeiter abzugeben, auf die sich die Schutzwirkung der Selbstanzeige erstrecken soll. Hintergrund hierfür ist der grundlegende Unterschied zwischen einer steuerlichen Berichtigungserklärung nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und einer Selbstanzeige nach §§ 371, 378 Abs. 3 AO:

  • Die Berichtigungserklärung nach § 153 AO ist durch den jeweiligen Steuerpflichtigen zu erstatten und hat rein steuerlichen Charakter. Wenn es sich um ein Unternehmen handelt, ist die Berichtigung somit eine unternehmensbezogene Erklärung.
  • Eine Selbstanzeige hat den Zweck, Straffreiheit im Falle einer Steuerhinterziehung zu erreichen, und wirkt nur zugunsten der Personen, in deren Namen sie abgegeben wird. Es handelt sich also bei einer Selbstanzeige um eine personenbezogene Erklärung.

Regelmäßig in den Schutzbereich einer Selbstanzeige einzubeziehen sind die gesetzlichen Vertreter der steuerpflichtigen Gesellschaft im Sinne des § 34 AO – diese sind für das Finanzamt auch ohne Weiteres aus dem Handelsregister ersichtlich – sowie Verfügungsberechtigte nach § 35 AO (z. B. Prokuristen), sofern diesen steuerliche Befugnisse eingeräumt sind bzw. sie mit der Erledigung steuerlicher Angelegenheiten betraut sind. Vorsorglich einbezogen werden sollten in der Regel auch weitere Mitarbeiter mit einer steuerrelevanten Leitungsfunktion (z. B. Leiter Steuern, Leiter Human Resources, Leiter Finanz- und Rechnungswesen). Ob darüber hinaus auch Mitarbeiter auf Arbeitsebene (ohne Entscheidungsbefugnis) einzubeziehen sind, ist eine Frage des Einzelfalls, häufig wird eine Einbeziehung nicht erforderlich sein.

Die Frage der Einbeziehung stellt sich nicht nur für aktuelle gesetzliche Vertreter und Mitarbeiter, sondern auch für innerhalb des Berichtigungszeitraums aus dem Unternehmen ausgeschiedene Personen. Inwieweit hier eine Einbindung erfolgen soll, ist unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten sorgfältig abzuwägen. Bei der Interessensabwägung können zum Beispiel die folgenden Punkte eine Rolle spielen:

  • ein weiterhin bestehendes Vertrauensverhältnis
  • die Umstände des Ausscheidens
  • zeitliche Verzögerung aufgrund der Einbindung
  • Risiko, dass ein ausgeschiedener Mitarbeiter unabgestimmt auf das Finanzamt zugeht und es für eine Selbstanzeige anderer Personen wegen einer damit verbundenen Tatentdeckung zu spät ist
  • Vermeidung einer Unternehmensgeldbuße nach § 30 Abs. 4 Satz 3 OWiG
  • Möglichkeit einer gemeinsamen Verteidigungsstrategie

Besonderheiten können sich bei Mehrfachgeschäftsführern und in Organschaftsfällen ergeben. Ist eine natürliche Person bei mehreren Gesellschaften zum Geschäftsführer bestellt, ist umstritten, ob eine vollständige Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO auch etwaige Hinterziehungssachverhalte derselben Steuerart bei anderen Gesellschaften umfassen muss. Vorsorglich sollten auch diese einbezogen werden. Im Falle einer umsatz- oder ertragsteuerlichen Organschaft ist zunächst zu prüfen, welche Gesellschaft die unrichtige Erklärung eingereicht hat (Organträger oder Organgesellschaft) und ob darüber hinaus die Einbeziehung von Personen der jeweils anderen Gesellschaft, auf deren Ebene der Fehler entstanden ist, erforderlich ist.

Offene oder verdeckte Stellvertretung

Aufgrund der Vielzahl der einzubeziehenden Personen wird eine Unternehmensselbstanzeige häufig nicht durch das Unternehmen selbst, sondern durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Steuerberater eingereicht. Hier gilt zunächst, dass eine Stellvertretung im Rahmen des § 371 Abs. 1 AO grundsätzlich zulässig ist und die Anzeige damit auch durch einen Dritten abgeben werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass dem Dritten hierzu vorab eine entsprechende Vollmacht erteilt wurde, die sich explizit auf die Abgabe einer Selbstanzeige beziehen muss. Eine allgemeine Vollmacht zur Steuerberatung reicht nicht aus.

Nicht eindeutig geklärt ist, ob und zu welchem Zeitpunkt die Bevollmächtigung gegenüber dem Finanzamt offengelegt werden muss („offene Stellvertretung“) oder ob eine Selbstanzeige auch in „verdeckter Stellvertretung“, also ohne Offenlegung des Vertretungsverhältnisses, zulässig ist. Eine offene Stellvertretung dürfte vielfach zur Folge haben, dass der Charakter einer rein steuerlichen Berichtigung nach § 153 Abs. 1 AO verloren geht.

Eine Selbstanzeige in verdeckter Stellvertretung wird insbesondere in den folgenden Fällen als nicht zulässig angesehen:

  • Wenn es bereits zu einer Steuerverkürzung gekommen ist, da es dem Finanzamt ansonsten nicht möglich sein soll, dem Steuerpflichtigen eine Frist nach § 371 Abs. 3 AO zur Nachzahlung der hinterzogenen Steuern zu setzen.

Hat allerdings der Täter wie häufig in Unternehmensfällen Steuern nicht „zu eigenen Gunsten“ hinterzogen, ist eine entsprechende Fristsetzung nicht erforderlich und eine verdeckte Stellvertretung damit grundsätzlich zulässig. Ob tatsächlich lediglich eine solche fremdnützige Steuerhinterziehung vorliegt, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Insbesondere in Fällen, in denen der Täter am Unternehmenserfolg beteiligt ist (Tantieme, Gewinnbeteiligung etc.), dürfte im Zweifel von einer Steuerhinterziehung auch zu eigenen Gunsten auszugehen sein.

  • Eine Selbstanzeige in verdeckter Stellvertretung kommt ferner nicht in Betracht, wenn die Wertgrenze des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO von 25.000 Euro überschritten ist. Für Unternehmen bedeutet dies eine erhebliche Einschränkung der Möglichkeit, eine Selbstanzeige in verdeckter Stellvertretung für alle potenziell einzubeziehenden Personen zu erstatten.

Zumindest für die ohnehin aus dem Handelsregister ersichtlichen gesetzlichen Vertreter stellt daher regelmäßig eine offene Stellvertretung die sicherste Variante zur Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige dar.

Berichtigung während einer laufenden steuerlichen Außenprüfung

Im Falle einer während einer laufenden steuerlichen Außenprüfung abgegebenen Berichtigungserklärung sind folgende Aspekte zu beachten:

Auch wenn bereits eine Prüfungsanordnung ergangen ist, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht vollumfänglich ausgeschlossen. Die Sperrwirkung ist auf den sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich der laufenden Außenprüfung beschränkt. Für Zeiträume vor und nach dem Prüfungszeitraum kann noch eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige erstattet werden. Für den Prüfungszeitraum selbst wirkt diese zwar nicht mehr strafbefreiend, ist aber zumindest strafmildernd zu berücksichtigten. Auch für nicht geprüfte Steuerarten ist eine Selbstanzeige noch möglich; so sperrt zum Beispiel eine Lohnsteueraußenprüfung nicht die Abgabe einer Selbstanzeige für im Zusammenhang mit der Lohnsteuer stehende umsatzsteuerliche Folgekorrekturen (§ 37b EStG- Sachverhalte).

Eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO im Falle des Vorwurfs einer leichtfertigen Steuerverkürzung ist auch während einer laufenden Außenprüfung noch ohne Einschränkungen möglich. Auch die Anzeige gegenüber dem Prüfer selbst wird als zulässig erachtet.

Wird eine Berichtigungserklärung während einer laufenden Außenprüfung eingereicht, besteht ein erhöhtes Risiko der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens, da Nacherklärungen oder Selbstanzeigen, die während einer laufenden Außenprüfung abgegeben werden, grundsätzlich der zuständigen Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes zur Prüfung zuzuleiten sind (vgl. Nr. 131, 132 der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren [Steuer] – AStBV [St] 2024).

Auch nach § 10 BpO ist die Straf- und Bußgeldsachenstelle zu unterrichten, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren durchgeführt werden muss. Zudem muss die Prüfung in diesen Fällen unterbrochen werden, bis dem Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben wurde. Der Steuerpflichtige ist dabei auch darüber zu belehren, dass seine Mitwirkung im Besteuerungsverfahren nicht mehr erzwungen werden kann. Erfolgt ein entsprechender Hinweis nach § 201 Abs. 2 AO erst in der Schlussbesprechung, kann dies als Verstoß gegen § 10 BpO gewertet werden.

Steuerliche Folgen einer Selbstanzeige

Die Abgabe einer wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige lässt lediglich die steuerstrafrechtlichen Sanktionen entfallen. Den zugrunde liegenden steuerrechtlichen Anspruch berührt sie nicht. Trotz Vorliegens einer Selbstanzeige können daher steuerliche Nebenleistungen (Hinterziehungszinsen nach § 235 AO oder Verspätungs- bzw. Säumniszuschläge nach §§ 152, 240 AO) festgesetzt werden und es kommt – insbesondere im Fall der Insolvenz der steuerpflichtigen Gesellschaft – auch eine persönliche Haftung der gesetzlichen Vertreter nach §§ 69, 71 AO in Betracht. Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO verlängert sich auf zehn Jahre und darüber hinaus hemmt die Abgabe der Selbstanzeige gemäß § 171 Abs. 9 AO den Ablauf der steuerlichen Festsetzungsfrist für ein Jahr.

Strafverfahren bzw. Bußgeld trotz Selbstanzeige?

Entgegen einer verbreiteten Auffassung kann eine wirksame Selbstanzeige die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht verhindern. Geht die Selbstanzeige bei der zuständigen Finanzbehörde ein, hat diese grundsätzlich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, um zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Eintritt der strafbefreienden Wirkung vorliegen (vgl. BFH 29.04.2008 – Az.: VIII R 5/06, BStBl. II 2008, 844). Erst im Anschluss an diese Prüfung wird das Ermittlungsverfahren bei Vorliegen aller Voraussetzungen eingestellt und dem Steuerpflichtigen Straffreiheit gewährt. Auf die mögliche Einleitung eines solchen Verfahrens sollten sich die potenziell betroffenen Personen einstellen.

Bereits aus der amtlichen Überschrift („Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung“) und aus dem fiskalischen Zweck der Regelung des § 371 AO ergibt sich, dass der Steuerpflichtige Straffreiheit nur hinsichtlich einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO erlangt. Entsprechend führt eine Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO lediglich dazu, dass kein Bußgeld wegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO festgesetzt werden kann.

Trotz einer wirksamen Selbstanzeige soll aber eine Verfolgung und Ahndung anderer, subsidiärer Steuerordnungswidrigkeiten weiter möglich sein. Zu denken ist hier insbesondere an eine Steuergefährdung nach § 379 AO bzw. an eine Gefährdung von Abzugssteuern nach § 380 AO, letzteres insbesondere im Zusammenhang mit lohnsteuerlichen Berichtigungen durch Unternehmen. In der Praxis von hoher Bedeutung ist bei Sachverhalten mit Unternehmensbezug zudem die Diskussion um die Festsetzung eines Bußgeldes nach § 130 OWiG wegen des Vorwurfs eines Verstoßes gegen Aufsichtspflichten. Aus Sicht der Finanzverwaltung ist ein solcher Vorwurf „attraktiv“, da bereits ein einfach fahrlässiger Sorgfaltsverstoß mit einem Bußgeld – auch gegen das Unternehmen selbst, vgl. § 30 Abs. 4 OWiG – geahndet werden kann.

Haben die Finanzbehörden hiervon in der Vergangenheit wenig Gebrauch gemacht, fällt in jüngerer Zeit eine strengere Herangehensweise auf (vielfach verbunden mit einem Hinweis auf die erforderliche Abschöpfung eines „wirtschaftlichen Vorteils“). Die Finanzbehörden sollten gegebenenfalls darauf hingewiesen werden, dass ihnen § 47 OWiG auch in diesen Fällen die Möglichkeit eröffnet, das Bußgeldverfahren aus Opportunitätsgründen einzustellen.

Fazit

Bei einer Unternehmensselbstanzeige sind zahlreiche (zusätzliche) Aspekte zu bedenken. Ist eine steuerliche Berichtigung erforderlich, ist idealerweise bereits in einem frühen Stadium zu entscheiden, ob die Berichtigung vorsorglich auch die Voraussetzungen einer straf- bzw. bußgeldbefreienden Selbstanzeige mit erfüllen soll. Gerade bei größeren Unternehmen mit komplexen Strukturen können sowohl die steuerliche Aufarbeitung der Korrektursachverhalte als auch die Einbindung aller erforderlichen Personen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Trotz aller Unwägbarkeiten (laufende Betriebsprüfung, Risiko der Festsetzung von Zuschlägen nach § 398a AO oder eines Bußgeldes nach § 130 OWiG) ist eine vorsorgliche Selbstanzeige häufig einer bloßen steuerlichen Berichtigung nach § 153 AO vorzuziehen.

Kontaktperson: Boris Salzmann, LL.M.