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Legal Operations - erfolgreicher Wandel kommt von innen

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Wie Rechtsabteilungen die Transformation realisieren.

Ein Blick auf die Ergebnisse der BUJ & EY Law Legal Operations Studie 2024/25


Regulatorische Wellen, technologische Sprünge (GenAI) und geopolitische Dynamik prägen 2025 den Arbeitsalltag deutscher Rechtsabteilungen und erhöhen gleichzeitig den Druck, die Abläufe in der Rechtsabteilung anzupassen, neue Technologie im Rechtsbereich nutzbar zu machen und die Rechtsfunktion zunehmend auch datengetrieben zu managen und ihren Wertbeitrag messbarer zu machen.

Das Fazit der BUJ und EY Law Legal Operations Studie 2025: Transformation gelingt, wenn sie operativ verankert wird – „Wandel kommt von innen“. Dafür notwendig sind die feste Integration von Legal Operations im Tagesgeschäft und eine ganzheitliche Betrachtung der Rechtsfunktion entlang des Legal Operating Models (LOM).

Zusammenfassung

  • Erfolgreiche Transformation beginnt im Kern mit den Mitarbeitenden der Rechtsabteilung. Für die Gewinnung von neuen und das Halten von bestehenden Talenten ist die gezielte Kompetenzentwicklung sowie Schaffung einer attraktiven Unternehmenskultur von steigender Bedeutung. 
  • Die Standardisierung und Optimierung der eigenen Prozesse und Arbeitsorganisation wird als kritischer Erfolgsfaktor für den Umgang mit wachsendem Arbeitsvolumen betrachtet.
  • Vertragliche Themen, Datenschutz und Cybersecurity werden branchenübergreifend, als die relevantesten Risikobereiche identifiziert. Trotz großer Herausforderungen in der Bewältigung neuer Regulatorik, fehlt es häufig an einer gezielten Integration von Technologie in die Governance-Strategie.
  • Die Integration KI-basierter Tools beginnt erste Arbeitsbereiche, wie das Contracting oder Legal Research zu durchdringen. Das Return of Investment ist dabei jedoch maßgeblich von der erforderlichen Infrastruktur und organisatorischen Bereitschaft abhängig. 
  • Das datenreiche Arbeitsumfeld der Rechtsfunktion wird zunehmend als Werttreiber erkannt und entsprechende Initiativen für die systematische Erfassung und Nutzung von Daten zur Steuerung der Rechtsabteilung sowie Schaffung neuer Business Intelligence „Made by legal“ vorangetrieben.
  • Rechtsabteilungen erkennen die Notwendigkeit, ihre Sourcing-Strategien besser an ihren Bedarfen auszurichten und diese flexibler zu gestalten, zögern jedoch, innovative Optionen wie ALSPs oder Managed Services zu integrieren.

Über die Studie

Im Auftrag des BUJ und EY Law wurde eine umfassende Untersuchung zum Status quo von Legal Operations in Deutschland durchgeführt. Ziel war es, den Reifegrad von Rechtsabteilungen messbar zu machen und Benchmarks für alle zentralen Elemente des Legal Operating Models zu schaffen. Dazu beantworteten die 105 Teilnehmenden 41 Fragen, die sämtliche Dimensionen des LOM abdecken. Die Umfragedaten wurden mit tiefergehenden Einblicken durch ausführliche Interviews mit Leitungen von Rechtsabteilungen aus führenden Unternehmen kombiniert. Neben den daraus gewonnenen Erkenntnissen wurde die Auswertung über ein Punktesystem, das für jede Kategorie einen „Category Score“ zwischen 0 und 5 ermittelte ergänzt. Dabei wurden die Unternehmensgröße und Branche berücksichtigt, um faire Vergleichswerte zu gewährleisten.

 

Was den Wandel in Rechtsabteilungen treibt:

Je weniger berechenbar die Welt, umso höher die Anforderungen an die Rechtsabteilungen

In den letzten Jahren stehen die Rechtsabteilungen vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die durch eine politisch und wirtschaftlich ausgesprochen dynamische Lage noch verstärkt werden. Wachsende und sich schnell verändernde Vorschriften, insbesondere in Bereichen, wie KI, Datenschutz und Nachhaltigkeit verlangen den Rechtsabteilungen immer mehr ab. Ganze 74,4 Prozent benennen die Umsetzung neuer regulatorischer Anforderungen als eine der zentralen Herausforderungen.

 

Die Fortschritte in disruptiven Technologien, wie Künstlicher Intelligenz, sorgen nicht nur für einen rapiden Zuwachs an neuer Regulatorik, sondern verändern zwangsweise auch die Art und Weise, wie Rechtsabteilungen heutzutage ihre Leistungen erbringen: In einer Zeit, in der die aus der letzten Studie bekannten Herausforderungen Kostendruck (66,3 %) und die Überlastung der Mitarbeitenden (60,5 %) nach wie vor zunehmen, kommen Rechtsabteilungen weder um innovative Lösungen und Technologien noch um datenbasierte neue Ansätze herum.

 

Die Einführung neuer Technologien verspricht verlockende Effizienz und teilweise auch Qualitätsgewinne. Um Profiteur dieser Technologien zu werden, müssen jedoch zunächst die notwendigen Grundlagen vorhanden sein. Dementsprechend sehen sich 74,4 Prozent mit der Optimierung und Standardisierung von Arbeitsprozessen als zentrale Herausforderungen konfrontiert. Auch die Einführung und Integration neuer Technologien stößt laut 66,3 Prozent der Befragten auf verschiedenste Problemfelder, wie beispielsweise ein veraltetes Legacy-Technologie-Stack, eine fehelende Daten-Governance oder auch Herausforderungen bei der Mitnahme der Mitarbeitenden.

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Der Reifegrad-Check entlang des Legal Operating Models

Um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, können sich Rechtsabteilungen einer grundlegenden Transformation ihre bisherigen Operating Modelle nicht verschließen. Die Frage ist dabei nicht, ob man diese Transformation will, sondern vielmehr, ob man die Realisation dieser bewusst und aktiv mitgestalten möchte. Für eine nachhaltige Innovation der Rechtsfunktion ist dabei entscheidend, dass nicht nur einzelne Tools oder Prozesse optimiert, sondern die gesamte Rechtsfunktion als Ganzes weiterzuentwickeln.

Dazu muss das Legal Leaderships eine holistische Perspektive einnehmen und Transformationsprojekte aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchten. Die in dieser Studie beleuchteten Themenbereiche People, Sourcing, Technology, Data, Process und Governance nehmen als grundlegende Kernelemente eines Leistungsstarken Legal Operating Models, eine Schlüsselstellung ein, um Optimierungspotentiale in der eigenen Rechtsabteilung aufzudecken und die Rechtsabteilung durch geeignete Maßnahmen effizienter und widerstandsfähiger für das bestehende volatile Umfeld aufzustellen.

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PEOPLE – Das Fundament der Transformation
In der digitalen Transformation von Rechtsabteilungen kann der Stellenwert von strukturiertem Change-Management nicht hoch genug eingeschätzt werden – und wird dennoch oft unterschätzt

Im Kern einer jeden Transformation muss der „Faktor Mensch“ stehen. Klar ist, in festgefahrenen, oder gar toxischen Kulturen lassen sich Veränderungen kaum umsetzen. Eine gelungene strukturelle Veränderung einer Organisation, sei es durch neue Prozesse oder Technologie, bleibt letzten Endes maßgeblich abhängig vom Faktor Mensch. Transformation verläuft selten reibungslos und tangiert oftmals jahrelang gelebte Arbeitsweisen. Die Akzeptanz der Mitarbeitenden ist dabei keineswegs garantiert. Die Erfolgsaussichten von Transformationsprojekten, wie beispielsweise Implementierungsbemühungen für Legal Tech Tools, sind ohne eine tiefergehende Betrachtung der bestehenden Arbeitsweisen, der internen Kompetenzen, aber auch Bedürfnisse und Ängste der Mitarbeitenden, erheblich gemindert.

In der Tat zeigt die Studie, dass 51,2 Prozent der Befragten, das Change Management als einen der größten Stolpersteine bei IT-Transformationsprojekten betrachten, während rund ein Drittel die vorhandenen Kompetenzen lamentieren. Eine nachhaltig erfolgreiche digitale Transformation der Rechtsabteilung muss demnach nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch, kulturell und emotional gemeistert werden. Dies gelingt nur, wenn der Mensch konsequent ins Zentrum des Veränderungsprozesses gestellt wird, indem den Mitarbeitenden durch adaptive Führung eine gelebte Fehlerkultur vermittelt wird und Unterstützung an die Hand gegeben wird, die ihnen die emotionale Sicherheit, sowie notwendige Kompetenz gibt, um kollaborativ auf eine inspirierte Vision ihrer Rechtsabteilung hinzuarbeiten.

Das kontinuierliche Up- und Re-Skilling des vorhandenen Personals zur Verbesserung der Digitalkompetenz muss zudem an oberster Stelle stehen, um bei den Chancen von KI und Big Data aus dem Vollen schöpfen zu können. Rechtsanwälte mit einem mit einem 15-minütigen KI-E-Learning abzuspeisen, wird hierbei nicht genügen, um diese Kompetenzlücke zu schließen.

Transformation ist Nichts, was sich einfach mal nebenbei erledigen lässt. Dennoch fehlt es den Mitarbeitenden der Rechtsabteilung meist schlichtweg an der notwendigen Kapazität, um Transformationsprojekte zu organisieren oder diese aktiv mitgestalten zu können. An dieser Stelle wird feste organisatorische Verankerung von Legal Operations auch durch die Zuweisung klarer personeller Verantwortung. Hier konnten die befragten Rechtsabteilungen im Vorgleich zur Studie 2022/23 große Fortschritte machen, sodass 62 Prozent (2022/23 waren es noch 40%) der Rechtsabteilungen eine/n Legal-Ops-Beauftragte/n oder eine entsprechende Abteilung in ihren Rechtsbereich implementiert haben. Legal Operations ist allerdings nicht nur etwas für die ganz großen, denn fast jede 2. Rechtsabteilung (47%) hat der Größenordnung „1 – 10 Mitarbeitende“ hat Legal Operations entsprechend organisatorisch verankert.


PROCESS – Get your house in order
Die Rechtsabteilung 2030 ist in der Lage, ihre Aufgaben mithilfe umfassender Daten mit der richtigen Technologie, den richtigen Prozessen und Ressourcen zu steuern.

In der heutigen Zeit ist eine durchdachte Prozessarchitektur für Rechtsabteilungen unerlässlich, um ihre Abläufe systematisch zu erfassen, zu analysieren und kontinuierlich zu optimieren. Mandanten, sowohl intern als auch extern, erwarten eine zügige und präzise Bearbeitung ihrer Anliegen.  Wer die Möglichkeiten zur Optimierung erkennen und digitale Alternativen oder Sourcing-Optionen nutzen möchte, muss seine Abläufe kennen und dokumentieren.

Die Bedeutung dieser grundlegenden Arbeit wird von 74,4 Prozent der Befragten als eine der größten Herausforderungen für Rechtsabteilungen angesehen. Die Umfrage zeigt jedoch, dass es an der Dokumentation von Prozessen mangelt. Lediglich 15,1 Prozent der Teilnehmer haben 75 Prozent oder mehr ihrer Abläufe erfasst. Rund ein Viertel der Befragten gibt sogar an, keine Prozesse innerhalb ihrer Rechtsabteilung dokumentiert zu haben. Dies stellt den unverzichtbaren ersten Schritt dar, um eine effektive Prozessarchitektur zu etablieren.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Organisation der Arbeit in der Rechtsabteilung. 60,5 Prozent der Befragten identifizieren die Überlastung der Mitarbeitenden und die Priorisierung von Aufgaben als wesentliche Herausforderungen. Die Vielzahl an Anfragen und die Arbeit auf unterschiedlichen Plattformen erschweren es, den Überblick über die anfallenden Aufgaben zu behalten und diese effizient zu bearbeiten. Individuelle Aufgabenvergabe (60 %) und direkte Expertenzuständigkeit (76,6 %) werden aktuell noch am häufigsten zur Organisation der Arbeit genutzt. Allerdings stoßen diese Ansätze bei der Priorisierung und dem Umgang mit hohen Volumen oft an ihre Grenzen. Vorteile wie eine strukturierte Erfassung der erforderlichen Informationen, die Zusammenarbeit auf einer Plattform und die Erfassung von Daten bleiben auf diesem Wege ungenutzt, was zu längeren Bearbeitungszeiten und einem ineffizienten Ressourceneinsatz führt.

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Ein erheblicher Nachteil dieser Vorgehensweisen ist, dass der Fokus auf das Wesentliche oft verloren geht. Die Anfragen, die die Rechtsabteilung erreichen, sind in ihrer Komplexität, strategischen Relevanz und Frequenz äußerst unterschiedlich. Die Mitarbeitenden der Rechtsabteilung befassen sich im Durschnitt nur zu 17,9 Prozent mit strategischen und inhaltlichen Aufgaben. Diese Tätigkeiten sind entscheidend für die Unternehmensstrategie, -führung und Wertschöpfung. Ein Großteil der Ressourcen (71,7 %) wird von regulären Arbeiten, die sich aus wiederkehrenden Aufgaben im täglichen Betrieb ergeben, sowie von weniger komplexen Routine- und administrativen Aufgaben beansprucht (z.B. NDAs, KYC-Prüfungen oder ein einfaches Kaufgeschäft).

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Eine strukturierte Erfassung und Kategorisierung aller rechtlichen Angelegenheiten (Matter Intake) vor der Bearbeitung ist daher unerlässlich, um den Ressourceneinsatz gezielt planen zu können und den optimalen Mix aus Expertise, Kosten und Kapazität für jede spezifische Aufgabe zu gewährleisten. Durch die als Legal Front Door bezeichnete zentrale Anlaufstelle werden alle Anforderungen der Geschäftsbereiche gebündelt und den passenden Workflows und Ressourcen zugeleitet. Darüber hinaus ermöglichen die daraus gewonnenen Erkenntnisse, das Aufdecken von Potenzialen zur auf Automatisierung und Outsourcing.

Das Potenzial, in der Rechtsabteilung neue Kapazitäten zu schaffen, lässt sich unter anderem durch Standardisierung (z. B. durch KI-gestützte Self-Service-Optionen), Playbooks und Automatisierung realisieren. Hier sehen die Rechtsabteilungen großes Potenzial, denn laut den Befragten bieten 72 % der Prozesse der Rechtsabteilung Möglichkeiten zur Standardisierung und Automatisierung. Mehr als die Hälfte der Befragten steht bei der tatsächlichen Umsetzung von Standardisierungs- und Automatisierungsinitiativen allerdings noch ganz am Anfang. Zudem fehlt es 38,4 % der Befragten an einem grundlegenden standardisierten Prozess für die Aufnahme von Anfragen an die Rechtsabteilung, während 87,2 % keinen standardisierten Prozess zur Priorisierung von Aufgaben implementiert haben.


GOVERNANCE – Die passenden Ressourcen für die richtigen Risken
Damit wir den wachsenden Arbeitsvolumina und Anforderungen gerecht werden können, müssen wir Themen wie Playbooks und KI-Unterstützung für spezifische Use Cases im Bereich juristischer Mid-Complexity-Themen stärker in den Fokus rücken.

In einer Zeit dynamischer Veränderungen im komplexen Regulierungsumfeld wird es für Rechtsabteilungen zunehmend herausfordernd, den rechtlichen Handlungsbedarf zu erkennen und die Einhaltung der Anforderungen sicherzustellen. Die Überwachung und Umsetzung regulatorischer Änderungen bleibt für drei Viertel der Befragten eine der größten Herausforderungen. Besonders die Themen Cybersecurity, Datenschutz, IT-Sicherheit und vertragliche Angelegenheiten stellen branchenübergreifend die relevantesten Risikofelder dar.

Obwohl nahezu alle Rechtsabteilungen Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben, rechtliche Risiken für ihre Organisation zu identifizieren und durch geeignete Maßnahmen zu mindern, äußert eine signifikante Anzahl (44,2 %) Bedenken hinsichtlich unzureichender Ressourcen und Kapazitäten. Das aktuelle Stimmungsbild zeigt, dass es an der Zeit ist, bestehende Governance-Strategien zu überdenken und durch innovative Ansätze zu stärken.

In der globalen EY Law GC Study 2025 identifizierten die 1000 befragten General Counsel Technologieinitiativen und GenAI als entscheidende Hebel, um den wachsenden Anforderungen an Regulierung und Compliance besser gerecht zu werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die interne Compliance-Organisation durch Technologie völlig autonom agieren sollte oder kann. Dennoch können Reg-Tech- und Compliance-Tech-Systeme manuelle Arbeit erheblich reduzieren und teilweise auch effektiver gestalten, indem beispielsweise große Mengen an regulatorischen Änderungen in Echtzeit aus rechtlichen Datenbanken verfolgen und diese mit internen Compliance-Richtlinien und Prozessen abgleichen, um Abweichungen und Anomalien in Datenmustern zu identifizieren.

Darüber hinaus kann eine datengetriebenere Ausrichtung der Rechtsabteilung durch Methoden wie Prozess-Mining oder den Einsatz prädiktiver Analysemethoden dazu beitragen, bislang schwer erkennbare Risiken aufzudecken und diese zu verhindern, bevor sie sich materialisieren. Während 20,9 % der Befragten angeben, Technologie-Tools zur Unterstützung ihrer Governance-Strategie zu nutzen, verlässt sich die Mehrheit von 64 % auf ihre eigenen Mitarbeitenden, um diese Überwachung durchzuführen.


DATA – mit neuen Insights zu smarteren Entscheidungen
Das Motto der Rechtsabteilung 2030 wird sein: Zeig, was du wert bist – nicht, was du kostest.

Von Vertragsdaten und juristischen Datenbanken über E-Billing, Matter-Management und ERP-Systeme – die juristische Arbeit findet heutzutage in einem datenintensiven Umfeld statt. Die Bedeutung einer datengestützten Rechtsabteilung wird, wie die Studie zeigt zunehmend erkannt: Ganze 74,4 Prozent der Befragten haben bereits mit der systematischen Erfassung von Daten begonnen. Allerdings erfolgt diese Erfassung meist noch manuell und fragmentiert auf verschiedenen Plattformen, oft ohne eine übergeordnete Datenstrategie.

Um den vollen Nutzen aus den gesammelten Daten zu ziehen, müssen sich Rechtsabteilungen heute mit einer klaren Vision für ihre Datenstrategie auseinandersetzen und geeignete Prozesse sowie die notwendigen Infrastrukturen, wie Matter- und Contract Management Systeme, implementieren, die eine möglichst nutzerfreundliche Erhebung von Daten erheben, ohne zusätzliche Kapazitäten zu binden.

Die 2025 EY Law GC Study zeigt, dass viele gescheiterte digitale Transformationen in Rechtsabteilungen auf datenbezogene Herausforderungen zurückzuführen sind. Kurierte Datenbanken sind darüber hinaus eine essentielle Grundlage für die Entwicklung spezialisierter KI-Systeme im Rechtsbereich.

Das Identifizieren und Zugänglichmachen geeigneter Daten ist jedoch nur der erste Schritt auf dem Weg zur datengestützten Rechtsabteilung. Diese Transformation bedeutet, Entscheidungen über rechtliche Risiken, Arbeitsmethoden oder die Auswahl externer Berater nicht mehr intuitiv zu treffen, sondern auf einer soliden, faktenbasierten Datengrundlage zu basieren. Dies ermöglicht es der Rechtsabteilung, schneller auf Risiken und Bedürfnisse der Geschäftsbereiche zu reagieren und diese proaktiv zu antizipieren. Darüber hinaus schafft die datengestützte Rechtsabteilung durch tiefgreifende Analysen interner und externer Daten nicht nur für sich selbst relevante Insights, sondern bestenfalls auch strategische relevante Business Intelligence, die zur Steuerung des gesamten Unternehmens beitragen.

Eine überwiegende Mehrheit der befragten Rechtsabteilungen (rund 75 Prozent) nutzt bereits Kennzahlen zur Steuerung ihrer Abläufe. Der Fokus liegt jedoch derzeit primär auf bekannten Kostenkennzahlen, Auslastung und Durchlaufzeiten. Besonders hervorzuheben ist die zunehmende Kundenorientierung der Rechtsfunktion: 45,4 Prozent der Befragten versuchen bereits, die Zufriedenheit ihrer internen Kunden zu quantifizieren und in ihre strategischen Überlegungen einzubeziehen.


TECHNOLOGY – Legal Tech als Enabler, nicht als Selbstzweck
Nur wenn Technologie intuitiv nutzbar ist und echten und schnell sichtbaren Mehrwert im Arbeitsalltag bietet, wird sie langfristig akzeptiert und erfolgreich eingesetzt.

Rechtsabteilungen können sich der digitalen Transformation, die durch fortschrittliche Technologien vorangetrieben wird, nicht entziehen. Künstliche Intelligenz verändert bereits die Art und Weise, wie juristische Dienstleistungen erbracht werden. Trotz der vielversprechenden Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen, die Digitalisierungsinitiativen und Legal Tech Tools bieten, gestaltet sich die Implementierung neuer Technologien oft als herausfordernd. Rund zwei Drittel der Befragten (66,3 %) betrachten die Einführung und Integration neuer Technologien als eines der aktuell drei größten Probleme ihrer Rechtsabteilung.

Die digitale Transformation im Rechtsbereich verläuft daher teilweise schleppend. Dennoch hat sich Legal Tech bereits als fester Bestandteil des Betriebsmodells in vielen Rechtsabteilungen etabliert. Während in der Vorgängerstudie 2022/23 noch ein Drittel der Befragten keine Legal Tech-Lösungen nutzte, ist dieser Anteil auf 11,6 Prozent gesunken. Besonders große Rechtsabteilungen setzen zunehmend auf Technologielösungen in verschiedensten Anwendungsbereichen, darunter Document Management (59,3 %), Compliance Management (41,9 %), Contract-Life-Cycle-Management (39,5 %) und Matter Management (29,1 %). 

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Bei der Beschaffung von Tech-Lösungen setzen die Rechtsabteilungen derzeit überwiegend auf Standardlösungen out-of-the-box, die einfach zu integrieren sind (69,8 %), sowie auf Anwendungen des Branchenprimus Microsoft 365 (66,3 %) und weitere SaaS-Lösungen (41,9 %). Bemerkenswert ist, dass bereits ein Viertel der Rechtsabteilungen auf inhouse entwickelte Softwarelösungen zurückgreift und zunehmend in individuell angepasste Lösungen investiert wird.

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Das datenintensive Umfeld der Rechtsabteilung bietet vielversprechende Voraussetzungen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Die zentrale Frage beim Einsatz von KI ist nicht, wie Juristen ersetzt werden können, sondern wie die juristische Arbeit durch KI an geeigneten Stellen unterstützt werden kann, um das volle Potenzial der Mitarbeitenden auszuschöpfen. Dies bedeutet, Kapazitäten für die wesentlichen Kernaufgaben der juristischen Arbeit freizumachen und Begleitaktivitäten bestmöglich zu unterstützen oder soweit möglich sogar vollständig zu automatisieren. Generative KI wird bereits von vielen Rechtsabteilungen genutzt: 53 % setzen GenAI aktiv ein, während 25,6 % einen Einsatz planen.

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Insbesondere im Bereich der sogenannten Legal Commodity Work, also bei Aufgaben mit wiederkehrenden, vergleichbaren Sachverhalten und geringer Komplexität, liegt der Fokus der Rechtsabteilungen, um schnell skalierbare Effizienzgewinne zu erzielen. Hier kann KI beispielsweise durch Self-Service-Optionen wie Legal-Chatbots, das Zusammenstellen von Informationen aus rechtlichen Datenbanken sowie die Automatisierung und das First-Level-Review einzelner Vertragstypen eingesetzt werden.

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Bei komplexeren juristischen Fragestellungen mit strategischer Relevanz zeigen sich die Rechtsabteilungen jedoch noch zurückhaltend. Dies ist vor allem auf Nachholbedarf in den Bereichen Datenmanagement, KI-Kompetenz und Prozessreife zurückzuführen. Zudem spielen strukturelle Resilienz, Risikoaversion und Skepsis gegenüber den derzeitigen Einschränkungen von KI, wie Halluzinationen, Sycophancy oder Bias, eine Rolle. Auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und Cybersecurity-Risiken sind nicht zu vernachlässigen.

Von den Befragten genannte Hindernisse für einen breiteren Einsatz von KI und anderen Legal Tech-Tools sind vor allem die hohen Implementierungs- und Betriebskosten (66,3 %) sowie der Mangel an Kapazitäten für die zeitintensive Umsetzung und Integration neuer Technologien in bestehende Arbeitsabläufe (61,7%). Neben diesen Herausforderungen werden Schwierigkeiten in der Nutzerakzeptanz und im Change Management häufig unterschätzt (51,2 %). Um die Akzeptanz neuer Technologien zu fördern und ihren Nutzen voll auszuschöpfen, ist eine klar definierte, integrativ erarbeitete Vision erforderlich, die von der Führungsebene kommuniziert wird. Dabei sollten die Anforderungen der Mitarbeitenden bereits im Design- oder Beschaffungsprozess der Systeme berücksichtigt werden. Auch nach der Implementierung sind klare Strukturen zur Kompetenzvermittlung und Unterstützung der Mitarbeitenden notwendig, um das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen.

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Die Innovation in Rechtsabteilungen schreitet voran, und Legal Tech sowie GenAI werden zunehmend als wertbringende Bestandteile der Rechtsabteilungsstrategie betrachtet. Damit die Technologie jedoch auch die Erwartungen erfüllt, in fünf Jahren noch brauchbar ist und vor allem von den Mitarbeitenden genutzt wird, bedarf es eines durchdachten Beschaffungsprozesses, der die Bedürfnisse der Mitarbeitenden, die IT-Infrastruktur und die Kosten in Einklang bringt. Nur so kann ein tatsächlicher Return on Investment generiert und teure Tools die im Regal verstauben vermieden werden.


SOURCING – Flexibilität mit Weitblick 
Wir können für uns sagen, dass wir unsere Shared Service Center nicht mehr missen wollen und auch in Zukunft innovative Sourcing-Methoden nutzen werden.

Die gestiegenen Anforderungen an Rechtsabteilungen erfordern neue Perspektiven darauf, welche Ressourcen für die anfallende Arbeit am geeignetsten sind, um diese effizient und kostengünstig zu erledigen. Die globale 2025 EY Law GC Study hat gezeigt, dass drei Viertel der Rechtsabteilungen erkannt haben, dass eine Neuausrichtung ihrer Beschaffungsstrategien für rechtliche Dienstleistungen und die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern eine klare Priorität darstellt.

Neben technologischen Lösungen können auch innovative und diversifizierte Sourcing-Optionen dazu beitragen, operative Prozesse kostengünstig auszulagern, die Rechtsabteilung zu entlasten und Flexibilität bei sich dynamisch verändernden Arbeitsvolumen zu schaffen. 77,9 Prozent der Befragten geben an, dass das Erreichen interner Kapazitätsgrenzen ein entscheidendes Kriterium für die Beauftragung externer Dienstleister darstellt. Zudem erfordert der wachsende Bedarf an spezialisierter Expertise, beispielsweise in den Bereichen Datenschutz, Vertragsrecht und IT-Recht, die richtigen externen Partner.

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Um diese Sourcing-Strategien erfolgreich umzusetzen, ist zunächst eine gründliche Bewertung notwendig, welche Arbeit wo und wie anfällt und ob die jeweilige Methode zur Durchführung der rechtlichen Aufgaben mit den strategischen Prioritäten der Rechtsabteilung sowie den eigenen Bedürfnissen im Einklang steht.

Die Studie zeigt jedoch, dass Rechtsabteilungen ihre Sourcing-Strategie überwiegend auf In-House Center of Excellence (CoE) sowie kleinere Panels bevorzugter externer Kanzleien stützen. Bei der Auswahl externer Dienstleister sind Fachkenntnisse, Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten und Preisgestaltung die entscheidenden Kriterien. Spezialisierte Einheiten innerhalb des Unternehmens, die Unterstützung in einer Vielzahl von standardisierten rechtlichen Prozessen bieten (Legal Shared Service Center), sowie innovative und hochspezialisierte externe Rechtsdienstleister (Alternative Legal Service Provider) stellen trotz ihrer vermeintlichen Vorteile derzeit keine bevorzugte Sourcing-Option dar, da ihre Nutzung jeweils nur bei 8,1 % der Befragten zu finden ist.


Die Vision Rechtsabteilung 2030: Looking beyond 2025

Basierend auf den wertvollen Einsichten der Teilnehmer unserer Studie sowie den Erkenntnissen aus Experteninterviews haben wir eine Vision für die Rechtsabteilung 2030 formuliert, die als Leitfaden im sich stetig wandelnden Umfeld des Rechtsmarkts dienen kann, um konkrete Handlungsfelder für sich zu identifizieren.

Im Jahr 2030 wird die Rechtsabteilung als ein hochgradig standardisierter und automatisierter Bereich innerhalb des Unternehmens agieren, der sich durch eine strategische Ausrichtung und datengetriebenes Management auszeichnet. Unternehmensjuristen werden sich auf komplexe und anspruchsvolle Fragestellungen konzentrieren, während repetitive und einfache Anfragen durch KI-gestützte Tools automatisiert bearbeitet werden. Diese Technologien werden nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Qualität der juristischen Arbeit erhöhen, während deren Zuverlässigkeit durch integrierte menschenkontrollierte Qualitätsmanagementsysteme sichergestellt wird.

Die Rechtsabteilung wird als Business Enabler wahrgenommen, der in der Lage ist, seine Aufgaben mithilfe umfassender Daten, der richtigen Technologien und optimierter Prozesse zu steuern. Die Rechtsabteilung wird nicht nur als reaktive Einheit wahrgenommen, sondern als proaktiver Partner, der aktiv zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt. Sie wird aktiv in die strategischen Entscheidungen des Unternehmens eingebunden und schafft zusätzliche Legal Business Intelligence, die für unternehmerische Entscheidungen der Geschäftsbereiche von entscheidender Bedeutung ist. Entscheidungen werden strategisch und wirtschaftlich auf fundierten Datengrundlagen getroffen, wobei die Arbeitsverteilung und vergabe an externe Partner diversifiziert und priorisiert auf die für das Unternehmen wirklich wichtigen juristischen Themen erfolgt.

Die Integration von interdisziplinären Rollen, wie Legal Engineers und Change Managern, wird entscheidend sein, um die Implementierung neuer Technologien und die Umsetzung von Veränderungen zu unterstützen.

Legal Operations sollte sich zur Umsetzung dieser Vision jetzt auf die folgenden zentralen Handlungsfelder konzentrieren: 

  1. Stärken Sie die Integration von Legal Operations in den täglichen Betrieb
    Stellen Sie sicher, dass Legal Operations fest im Tagesgeschäft verankert ist, um die Transformation der Rechtsabteilung aktiv zu unterstützen und die Effizienz zu steigern.
  2. Optimieren Sie die Arbeitsorganisation durch effektives Matter Management und Ressourcenvielfalt
    Implementieren Sie ein strukturiertes Matter Management-System, das eine klare Erfassung und Priorisierung von rechtlichen Angelegenheiten ermöglicht. Nutzen Sie ein breites Spektrum an Ressourcen, von Center of Excellence über Self-Service-Optionen und Legal Shared Service Center bis hin zu KI-Agenten und Robotic Process Automation, um repetitive Aufgaben zu automatisieren und die Mitarbeitenden zu entlasten. So können sich die Juristen verstärkt auf strategisch wichtige Themen konzentrieren und ihre Expertise gezielt einsetzen.
  3. Nutzen Sie datengetriebene Ansätze zur Entscheidungsfindung
    Entwickeln Sie eine klare Datenstrategie, um relevante Informationen systematisch zu erfassen und zu nutzen. Räumen Sie Ihr eigenes Haus auf, indem Sie Daten und Wissen strukturiert aufbereiten, um diese für weitere Analysen und als kurierte Datenbasen für KI-Systeme nutzbar zu machen. Treffen Sie Entscheidungen auf einer soliden, faktenbasierten Grundlage.
  4. Implementieren Sie innovative Sourcing-Strategien
    Überprüfen Sie Ihre Beschaffungsstrategien für rechtliche Dienstleistungen und integrieren Sie flexible Sourcing-Optionen, um externe Expertise gezielt zu nutzen und die Rechtsabteilung zu entlasten.
  5. Fördern Sie eine Kultur des kontinuierlichen Wandels und der Weiterbildung
    Investieren Sie in die Entwicklung Ihrer Mitarbeitenden, um deren digitale Kompetenzen zu stärken und eine offene Haltung gegenüber neuen Technologien und Veränderungen zu fördern.
  6. Seien Sie technologieoffen und erproben Sie niedrigschwellige KI-Use-Cases
    Schaffen Sie eine technologieoffene Umgebung, in der konkrete, niedrigschwellige KI-Use-Cases, insbesondere im Bereich der Legal Commodity Work, erprobt werden können. Implementieren Sie beispielsweise KI-gestützte Lösungen in Teilprozessen des Contracting und fördern Sie eine gelebte Fehlerkultur, um aus den Erfahrungen zu lernen und kontinuierlich zu verbessern.

Die Vision der Rechtsabteilung 2030 erfordert eine proaktive Haltung und die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, um den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu begegnen. 


Kontakt

Kontaktieren Sie uns: Wir verstehen die besonderen Anforderungen von Rechtsabteilungen – und kombinieren juristisches Denken mit operativer Umsetzungskraft. Unser Team arbeitet interdisziplinär, international vernetzt und mit hoher technologischer Expertise. Dabei geht es uns nicht um theoretische Zielbilder, sondern um konkrete Ergebnisse im Alltag: Wir helfen Rechtsfunktionen dabei, schneller, effizienter und wirksamer zu arbeiten – und so ihre Rolle als strategischer Partner im Unternehmen zu stärken.

Kontaktpersonen: Felix Rackwitz, Tamay Schimang, Michael Talevski, Marco Valencak

Legal Operations - erfolgreicher Wandel kommt von innen Studie 2024/25

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