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Widerruf der Dienstwagennutzung – Rechte und Pflichten für Arbeitgeber


Dienstwagen bieten nicht nur einen attraktiven Anreiz für Arbeitskräfte, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden, sondern sind auch ein wichtiges Mittel zur Bindung der Mitarbeitenden. Es kann jedoch Situationen geben, in denen es erforderlich ist, die Nutzung des Dienstwagens zu widerrufen. In seinem Urteil vom 12.02.2025 (Az.: 5 AZR 171/24) hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein solcher Widerruf im konkreten Fall rechtmäßig war.

Hintergrund der Entscheidung

Der Kläger war vom 20.10.2022 bis zum 31.08.2023 als kaufmännischer und operativer Leiter bei der Beklagten, einem Betreiber von Seniorenzentren, beschäftigt. Ihm stand gemäß § 10 des Arbeitsvertrags ein Dienstfahrzeug der Mittelklasse zu, das er auch privat nutzen durfte. Diese private Nutzung wurde monatlich in den Entgeltabrechnungen berücksichtigt.

Die Widerrufsklausel in § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sah vor, dass die private Nutzung des Dienstwagens widerrufen werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und der Arbeitgeber den Mitarbeiter berechtigt von seiner Arbeitsleistung freigestellt hat.

Am 08.05.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.08.2023 aus betriebsbedingten Gründen, die auf eine Umorganisation und Neuverteilung der Aufgaben des Klägers zurückzuführen waren. Mit dem Kündigungsschreiben stellte die Beklagte den Kläger unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und forderte die Rückgabe des Dienstfahrzeugs bis zum 24.05.2023. Der Kläger kam dieser Forderung am 23.05.2023 nach.

Mit seiner Klage verlangte er sodann eine Nutzungsausfallentschädigung aufgrund des Entzugs des Dienstwagens für die Zeit vom 23.05.2023 bis zum 31.08.2023.

Zusammenfassung der Entscheidung

Das BAG hat entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Entschädigung für den Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens für die Zeit vom 23. bis zum 31.05.2023 hat. Obwohl die Regelung im Arbeitsvertrag, die der Beklagten das Recht einräumt, die Privatnutzung des Dienstwagens bei berechtigter Freistellung während der Kündigungsfrist zu widerrufen, als wirksam erachtet wurde, habe die Ausübung des Widerrufs zum 24.05.2023 nicht dem Grundsatz des billigen Ermessens entsprochen. Die Beklagte habe die finanziellen Auswirkungen auf den Kläger nicht ausreichend berücksichtigt, weshalb ein Widerruf nur zum Monatsende als verhältnismäßig angesehen werden könne.

Rechtmäßigkeit der Widerrufsklausel

Die Widerrufsklausel im Arbeitsvertrag selbst ist vom BAG als wirksam erachtet worden. Eine solche Widerrufsklausel unterliegt der AGB-Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB und muss transparent wie auch verständlich formuliert sein, damit der Arbeitnehmer ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit hat (BAG, Urteil vom 24.01.2017, Az.: 1 AZR 774/14). Die hier geprüfte Widerrufsklausel erfülle diese Anforderungen, da sie klar festlege, dass der Arbeitnehmer im Falle einer berechtigten Freistellung nach einer Kündigung mit dem Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens rechnen müsse.

Nach § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgt, sondern als notwendiges Anpassungsinstrument dient. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer wirksamen Freistellung während der Kündigungsfrist ist nach Ansicht des BAG zumutbar, da der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung erbringen müsse und somit keine Dienstfahrten anfielen (BAG, Urteil vom 21.03.2012, Az.: 5 AZR 651/10).

Die Regelung einer Ankündigungs- oder Auslauffrist in der Widerrufsklausel sei keine Voraussetzung für die Wirksamkeit. Es gebe dafür keine gesetzliche Grundlage, jedoch könne eine solche Frist bei der Ausübungskontrolle berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 21.03.2012, Az.: 5 AZR 651/10).

Voraussetzungen für den Widerruf erfüllt

Die Voraussetzungen für den Widerruf der privaten Nutzung des Dienstwagens gemäß der arbeitsvertraglichen Widerrufsklausel waren im vorliegenden Fall erfüllt. Nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags konnte die Privatnutzung widerrufen werden, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und der Arbeitgeber den Mitarbeiter berechtigt von seiner Arbeitsleistung freigestellt hat. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 08.05.2023 und die Kündigung wurde dem Kläger am 12.05.2023 zugestellt. Die Wirksamkeit dieser rechtskräftigen Kündigung ist nach Auffassung des BAG für den Widerruf der privaten Nutzung des Dienstwagens unerheblich, da der Kläger während der Kündigungsfrist auch berechtigt von seiner Arbeitsleistung freigestellt worden sei.

Verhältnismäßigkeit des Widerrufs

Die Ausübung des Widerrufsrechts zum 24.05.2023 habe jedoch nicht billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB entsprochen. Die Beklagte habe die beiderseitigen Interessen nicht angemessen berücksichtigt. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG könne der zu versteuernde geldwerte Vorteil nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden. Dies führt nach Auffassung des BAG dazu, dass der Arbeitnehmer bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb des laufenden Monats die Steuerlast für den gesamten Monat tragen muss, auch für die Zeit, in der er das Fahrzeug nicht mehr nutzen kann.

Die Einkommensminderung des Klägers sei von der Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Tatsache, dass der Kläger das Fahrzeug „rund zwei Wochen“ länger habe nutzen dürfen, reiche nicht aus, um die steuerlichen Nachteile auszugleichen. Hätte die Beklagte das Fahrzeug ohne Auslauffrist sofort zurückgefordert, wäre der finanzielle Nachteil des Klägers noch größer gewesen. Daher überwiege das Interesse des Klägers, den versteuerten Vorteil vollständig nutzen zu können, das Interesse der Beklagten am sofortigen Entzug des Dienstwagens. Im Regelfall werde daher nur ein Widerruf der Privatnutzung zum Monatsende billigem Ermessen entsprechen können.

Praxishinweise für Arbeitgeber

Um rechtliche Risiken beim Widerruf der Dienstwagennutzung zu vermeiden, sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass die Nutzung im Arbeitsvertrag oder in einer separaten Dienstwagenrichtlinie klar definiert ist. Eine Widerrufsklausel muss verständlich formuliert sein, damit Mitarbeitende die Auswirkungen des Widerrufs nachvollziehen können. Zudem sollte die Klausel den Anforderungen der AGB-Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB entsprechen.

Aber auch wenn die Voraussetzungen für den Widerruf gegeben sind, müssen Arbeitgeber die Interessen der Mitarbeitenden angemessen berücksichtigen. Vor der Ausübung des Widerrufsrechts sollte stets geprüft werden, ob es mildere Alternativen gibt. Der Widerruf selbst muss gut begründet und verhältnismäßig sein, insbesondere während einer Kündigungsfrist. Ein plötzlicher Widerruf ohne Vorwarnung kann als unzulässig gelten. Auch die steuerlichen Auswirkungen sind wichtig, da der geldwerte Vorteil nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur monatlich angesetzt werden kann, was zu einer finanziellen Belastung der Mitarbeitenden führen kann. Aus diesem Grund ist der Widerruf nur zum Monatsende verhältnismäßig.

Kontaktpersonen: Julia Baumgartl, Dr. Yavuz Topoglu

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