Erweiterter Schutz des Verbrauchers
Durch die Reform des Verbraucherkreditrechts sollen europaweit einheitliche Regeln für Verbraucherkredite gelten, der Schutz der Verbraucher gestärkt und die Handhabung durch die Digitalisierung erleichtert werden. Wer als Verbraucher einen Kredit aufnehmen möchte, soll durch umfangreiche Informations-, Prüf- und Beratungspflichten der Darlehensgeber besser geschützt sein. Die Verbraucherkreditrichtlinie-neu verfolgt dabei einen Vollharmonisierungsansatz und lässt somit grundsätzlich keine strengeren oder weniger strengen nationalen Vorschriften zu. Das deutsche Umsetzungsgesetz muss bis zum 20.11.2025 in Kraft treten und wird ab dem 20.11.2026 gelten. Für Altverträge, die vor dem 20.11.2026 abgeschlossen wurden, gelten weiterhin die alten Vorschriften.
Kleindarlehen und „Buy now – pay later“
Gemäß dem Gesetzesentwurf wird der Anwendungsbereich der aktuellen Vorschriften für Verbraucherkredite um unentgeltliche Darlehensverträge, Kleindarlehen (< 200 Euro) und kurzfristige Kredite (Rückzahlung binnen drei Monaten, geringe Kosten; insbesondere „Buy now – pay later“-Modelle) erweitert. Auch unentgeltliche Finanzierungshilfen werden nun grundsätzlich erfasst. Die unentgeltlichen Finanzierungshilfen sind nur dann vom neuen Anwendungsbereich ausgenommen, wenn ein Unternehmer, der (i) ein Kleinstunternehmen oder ein kleines oder mittleres Unternehmen ist, (ii) dem Verbraucher unentgeltlich eine Frist für die Bezahlung von 50 Tagen nach Lieferung der Ware oder erbrachter Leistung einräumt und (iii) dem Verbraucher bei Zahlungsverzug lediglich begrenzte Kosten entstehen können. Größere Unternehmen sind nur von dem Anwendungsbereich ausgeschlossen, wenn sie dem Verbraucher eine Frist von höchstens 14 Tagen für die Bezahlung gewährt haben. Dies gilt jedoch nur, soweit kein Dritter den Zahlungsanspruch gegen den Verbraucher aus dem Verbraucherkreditvertrag erwirbt.
Durch den Gesetzesentwurf wird auch das Gesetz zur Aufsicht über Verbraucherkredite im Rahmen der Absatzfinanzierung ("AbsFinAG") eingeführt. Durch das AbsFinAG fallen nun auch Kreditgeber, die keine regulierten Institute sind, unter die Aufsicht der BaFin. Diese Kreditgeber werden in einem Kreditgeberregister erfasst. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Absatzfinanzierung für den Kreditgeber nur eine untergeordnete Funktion hat oder der Zahlungsaufschub zinsfrei und nur mit geringen Kosten verbunden ist.
Zinswucher und Kopplungsverbot
Erstmals soll der Wucherzins im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) klar definiert werden: Ein Kreditvertrag soll nichtig sein, wenn der Zinssatz den marktüblichen Effektivzins um mehr als das Doppelte oder mindestens 12 Prozentpunkte übersteigt. Die Nichtigkeit des Verbraucherkreditvertrags infiziert auch die in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Sicherungsgeschäfte. Diese sind dann ebenfalls nichtig.
Außerdem soll das sogenannte Kopplungsverbot auf alle Verbraucherkredite ausgeweitet werden. Das heißt, Kreditgeber dürfen die Ausgabe eines Kredits nicht mehr unter die Voraussetzung stellen, dass der Verbraucher gleichzeitig weitere Finanzprodukte oder Dienstleistungen erwerben muss. Davon ausgenommen ist die Eröffnung eines Zahlungs- oder Sparkontos als Referenzkonto.
Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht bleibt ein zentrales Element des Verbraucherschutzes. Verbraucher können einen Kreditvertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Der Widerruf muss schriftlich oder auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. E-Mail) erfolgen. Neu ist, dass gemäß dem Gesetzesentwurf die Frist für den Widerruf maximal 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss betragen soll. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht informiert wird. Dies soll der Rechtssicherheit dienen. Nach bisheriger Rechtslage beginnt die Widerrufsfrist für Verbraucherdarlehen nur, wenn der Darlehensgeber korrekt über Pflichtangaben und das Widerrufsrecht informiert. Andernfalls bleibt das Widerrufsrecht unbefristet bestehen und ermöglicht einen Widerruf auch nach Jahren (Widerrufsjoker). Allerdings geht aus der jetzigen Formulierung des Gesetzesentwurfs nicht klar hervor, ob eine fehlerhafte Widerrufsinformation, z. B. wegen formaler Fehler, die Ausschlussfrist auslöst.
Zudem soll mit der Reform das bisherige gesetzliche Muster für die Widerrufsbelehrung entfallen. Dies bringt Rechtsunsicherheiten für künftige Kreditverträge. Durch das fehlende Muster der Widerrufsbelehrung entsteht die Unsicherheit, ob künftige Widerrufserklärungen (ohne Muster) gesetzeskonform sein werden. Bislang konnten sich Darlehensgeber darauf verlassen, dass ihre Widerrufserklärung, die auf dem Muster im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch („EGBGB“) beruhten, die gesetzlichen Anforderungen erfüllten (sog. Gesetzlichkeitsfiktion).
Werden die vorvertraglichen Informationen weniger als einen Tag vor Abschluss des Verbraucherkreditvertrags an den Verbraucher übermittelt, muss der Kreditgeber zusätzlich über das Widerrufsrecht informieren.
Vorvertragliche Informationspflichten und Kreditwürdigkeitsprüfung
Mit der Reform des Verbraucherkreditrechts soll es zahlreiche Änderungen geben, die mehr Transparenz und Schutz für Verbraucher mit sich bringen. Kreditgeber sind verpflichtet, vor Vertragsabschluss umfassend und klar über alle wichtigen Punkte des Kredits zu informieren. Dazu gehören zum Beispiel die Widerrufsfrist, mögliche Vorfälligkeitsentschädigungen, eine Beispielrechnung zum effektiven Jahreszins, relevante Kosten (auch Notar- und Sicherheitenkosten) und Hinweise, wenn der Preis des Kredits durch automatisierte Datenverarbeitung (etwa durch Profiling) personalisiert wurde. Diese Informationen müssen auch auf einem Smartphone gut lesbar sein.
Die Anforderungen an die Prüfung der Kreditwürdigkeit werden nun deutlich verschärft: Kreditgeber sollen künftig die Kreditwürdigkeitsprüfung auf der Grundlage der gesamten Rückzahlungsfähigkeit der Darlehensnehmer durchführen. Dafür müssen Angaben zu Einkommen, Ausgaben und sonstigen wirtschaftlichen Umständen berücksichtigt werden. Die Kreditwürdigkeitsprüfung erfolgt dabei immer bezogen auf alle Beteiligten, wenn mehrere Personen den Vertrag unterschreiben. Gesundheitsdaten, Informationen aus sozialen Netzwerken oder besonders schützenswerte Daten dürfen nicht genutzt werden. Duldet der Darlehensgeber die Überziehung eines laufenden Kontos ohne Überziehungsmöglichkeit oder über die vertraglich bestimmte Höhe der Überziehungsmöglichkeit hinaus gegen Entgelt, soll eine Kreditwürdigkeitsprüfung vorgenommen werden.
Nachsichtsmaßnahmen und Schuldnerberatung
Wer in Zahlungsschwierigkeiten gerät, soll künftig mehr Unterstützung bekommen. Darlehensgeber sind verpflichtet, Maßnahmen zur Nachsicht einzuleiten, um Zwangsvollstreckungen möglichst zu vermeiden. Das kann zum Beispiel ein Zahlungsaufschub, eine Verlängerung der Laufzeit oder auch ein teilweiser Erlass der Forderung sein. Außerdem soll der Darlehensgeber verpflichtet werden, den Verbraucher auf Schuldnerberatungsstellen nach dem Gesetz über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher („SchuBerDG“) hinzuweisen, und zwar nicht nur, wenn ein Kredit zustande kommt, sondern auch, wenn die Bonitätsprüfung negativ ausfällt. Der Referentenentwurf für das SchuBerDG liegt auch seit dem 23.06.2025 vor und soll Zugang für Schuldner zu beratenden Stellen sicherstellen und Vorgaben der Verbraucherkreditrichtlinie-neu zu Schuldnerberatungsdiensten umsetzen. Das SchBerDG muss auch bis zum 20.11.2025 in Kraft treten und wird ab dem 20.11.2026 gelten.
Der Darlehensgeber soll auch verpflichtet werden, den Verbraucher zu warnen, wenn ein Verbraucherkreditvertrag unter Berücksichtigung seiner finanziellen Situation ein besonderes Risiko darstellt.
Kreditinstitute sollen zudem über geeignete Verfahren und Strategien verfügen, um Darlehensnehmer von Verbraucherdarlehen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten, frühzeitig zu erkennen.
Werbung
Im Bereich Werbung für Kredite sollen deutlich strengere Vorgaben in Kraft treten. Werbemaßnahmen müssen einen klaren und auffälligen Warnhinweis auf die mit der Kreditaufnahme verbundenen Kosten enthalten, z. B. durch den Hinweis „Achtung! Kreditaufnahme kostet Geld“. Zudem darf Werbung nicht suggerieren, dass ein Kredit die finanzielle Lage verbessert oder als Ersatz für Ersparnisse dient.
Erleichterungen für Darlehensgeber
Die Reform ist auch ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung: Kreditverträge sollen künftig vollständig digital abgeschlossen werden können. Dann kann der Darlehensvertrag, einschließlich der vorvertraglichen Informationspflichten gemäß EGBGB, sowie Darlehensvermittlungsverträge wie in anderen EU-Mitgliedstaaten auch in Textform und somit rein digital abgeschlossen werden. Die Versendung von Papier ist nur noch bei Immobilienkrediten erforderlich. Auch Vollmachten dürfen dann digital erteilt werden. Kästchen, die schon im Vorfeld ausgewählt und angekreuzt sind, bleiben weiter unzulässig. Durch die Digitalisierung werden nicht nur für Darlehensgeber und Verbraucher Kosten gesenkt, die digitalen Verträge werden sich auch positiv auf die Ressourcennachhaltigkeit auswirken.