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Rechtsfragen zu Mitarbeiterbeteiligungen aus steuerlicher und arbeitsrechtlicher Sicht


Die Beteiligung von Mitarbeitenden am Unternehmen ist ein beliebtes Instrument zur Motivation und Bindung von Fachkräften. Außerdem kann sie die Identifikation von Mitarbeitenden mit dem Unternehmen stärken. Man unterscheidet zwischen echter Beteiligung, die Mitarbeitende zu Anteilseignern macht, und virtueller Beteiligung, die wirtschaftliche Teilhabe an der Wertsteigerung simuliert, ohne Gesellschafterrechte zu gewähren. In beiden Fällen sind steuerliche und arbeitsrechtliche Besonderheiten zu beachten.

Echte Beteiligungen: Freibetrag und Praxisfragen

Die verbilligte oder unentgeltliche Übertragung einer Beteiligung an Mitarbeitende stellt steuerbaren Arbeitslohn dar, der jedoch steuerlich privilegiert ist. Um echte Beteiligungen steuerlich zu fördern, wurde der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 Einkommensteuergesetz (EstG) in den vergangenen Jahren mehrfach angehoben – durch das Fondsstandortgesetz 2021 (FoStoG) auf 1.440 EUR, später durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz 2024 (ZuFinG) auf aktuell 2.000 EUR. Im internationalen Vergleich – mit Freibeträgen von bis zu 12.000 EUR in Spanien oder 4.500 EUR in Österreich – bleibt das deutsche Niveau aber weiterhin moderat.

Die praktische Umsetzung ist durch zahlreiche Vorgaben und Einschränkungen komplex. Insbesondere das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zur Überlassung von Vermögensbeteiligungen vom 01.06.2024 (Az.: IV C 5 – S 2347/24/10001 :001) („BMF-Schreiben“) bringt einige Hürden mit sich, die Arbeitgeber bei der Gestaltung ihrer Mitarbeiterbeteiligungsprogramme beachten müssen. Auch die Rechtsprechung der Finanzgerichte befasst sich weiterhin mit Einzelfragen.

Einbeziehungspflicht: Wer muss berücksichtigt werden?

Nach § 3 Nr. 39 EStG muss das Beteiligungsprogramm grundsätzlich allen Mitarbeitenden offenstehen, die seit mindestens einem Jahr ununterbrochen im Unternehmen tätig sind. Laut BMF-Schreiben umfasst dies alle Beschäftigten gemäß § 1 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), insbesondere geringfügig Beschäftigte, Teilzeitkräfte und Auszubildende, aber auch Praktikanten und Werkstudenten. Zudem sind Mitarbeitende mit ruhendem Arbeitsverhältnis (z. B. in der Altersteilzeit oder während des Mutterschutzes) einzubeziehen. Einbezogen werden können auch bereits ausgeschiedene Mitarbeitende, sofern die Beteiligung als Vergütung für ihre frühere Arbeitsleistung erfolgt und nicht nur im Rahmen von Versorgungsbezügen.

Bestimmte Personengruppen dürfen jedoch auch unabhängig von ihrer Betriebszugehörigkeit von der Teilnahme am Beteiligungsprogramm ausgeschlossen werden, ohne dass dies die Nutzung des Steuerfreibetrags verhindert. Mitarbeitende, die über Insiderinformationen gemäß der EU-Marktmissbrauchsverordnung verfügen, können und müssen unter Umständen ausgeschlossen werden, um Compliance-Risiken zu vermeiden. Leiharbeitnehmende müssen beim entleihenden Unternehmen nicht berücksichtigt werden, beim verleihenden Unternehmen hingegen schon. Auch entsandte Mitarbeitende können unter bestimmten Bedingungen ausgenommen werden.

Ausgeschlossen werden können zudem Organe von Körperschaften, Mandatsträger, Mitarbeitende in einem gekündigten Arbeitsverhältnis sowie solche, die zwischen Angebot und Überlassung der Beteiligung aus dem Unternehmen ausscheiden.

Ein Ausschluss einzelner Mitarbeitender oder Gruppen von Mitarbeitenden sollte jedoch stets im Detail geprüft werden, da ein unzulässiger Ausschluss dazu führen kann, dass der Freibetrag für alle Teilnehmer entfällt („Infizierung“).

Ferner kann die grundsätzliche Pflicht, alle berechtigten Mitarbeitenden einzubeziehen, in der Praxis mit anderen Regelungen kollidieren, insbesondere bei der internationalen Implementierung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen. So unterliegt etwa in einigen Staaten der Erwerb von Unternehmensanteilen besonderen Erlaubnis- und/oder Berichtspflichten oder ist sogar gänzlich untersagt. In Algerien ist es beispielsweise grundsätzlich verboten, Aktien ausländischer Unternehmen zu halten. Die oben genannte Möglichkeit, entsandte Mitarbeitende auszuschließen, greift jedoch nicht weit genug, um sämtliche Risiken durch ein im ausländischen Recht verankertes Beteiligungsverbot auszuschließen.

Finanzrechtsprechung: laufende Verfahren

Diverse Finanzgerichte haben sich bereits mit dem Thema der Pflicht zur Einbeziehung aktiver bzw. inaktiver Mitarbeitender beschäftigt. Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) hat zum Beispiel in zwei Urteilen vom 14.12.2023 entschieden, dass Mitarbeiterbeteiligungsprogramme lediglich aktiven Mitarbeitenden offenstehen müssen (Az.: 8 K 14/22 H [L]), Mitarbeitende in ruhenden Arbeitsverhältnissen seien nicht zwingend zu berücksichtigen. Das FG hat dies damit begründet, dass der Freibetrag nur für gegenwärtige Anstellungsverhältnisse gelte, worunter ruhende Arbeitsverhältnisse aber nicht fallen. Während des Ruhens bestehe weder eine Lohnzahlungsverpflichtung noch eine Pflicht zur Arbeitsleistung. Zudem spreche der Zweck von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen gegen deren Einbeziehung, da nur aktive Mitarbeitende zum aktuellen Unternehmenserfolg beitragen würden.

Das FG hat die Ansicht der Finanzverwaltung dahingehend bestätigt, dass auch Mitarbeitende, die sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden, einbezogen werden müssen (Az.: 8 K 11/22 H [L]).

Gegen diese beiden Urteile ist Revision beim Bundesfinanzhof anhängig (Az.: VI R 4/24 und VI R 5/24), sodass abzuwarten bleibt, wie sich die Rechtsprechung entwickelt.

Virtuelle Beteiligungen: Teil der Vergütung

Eine weitere beachtenswerte Entscheidung ist jüngst zur arbeitsrechtlichen Einordnung virtueller Mitarbeiterbeteiligungen ergangen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19.03.2025 (Az.: 10 AZR 67/24) entschieden, dass virtuelle Beteiligungsoptionen unter bestimmten Umständen nicht lediglich als bloße Verdienstchance, sondern als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung anzusehen seien. Dies hat durchgreifenden Einfluss auf die Verfallbarkeit solcher Beteiligungen.

Im Ausgangsfall sahen die Bestimmungen eines virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsprogramms – wie es in der Praxis durchaus üblich ist – vor, dass zugeteilte virtuelle Optionen jeweils gestaffelt zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausübbar werden (sog. Vesting-Periode). Das beklagte Unternehmen hatte in den Bestimmungen zum Mitarbeiterbeteiligungsprogramm außerdem eine Klausel aufgenommen, nach der bei einer Eigenkündigung durch den Mitarbeitenden bereits gevestete, aber noch nicht ausgeübte Optionen mit Eigenkündigung des Mitarbeitenden sofort und ersatzlos verfallen.

In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (BAG 28.05.2008 – Az.: 10 AZR 351/07) und gegenläufig zu den Vorinstanzen hat das BAG nunmehr entschieden, dass die verwendeten Klauseln unwirksam und bereits gevestete Optionen, die als Teil des Entgelts anzusehen waren, nicht wegen einer Eigenkündigung von Mitarbeitenden verfallen können. Die maßgeblichen Bestimmungen des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms hielten als allgemeine Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht stand, da sie die Interessen der Mitarbeitenden nicht hinreichend berücksichtigten. Zum einen widersprächen derartige Regelungen dem Grundsatz des § 611a Abs. 2 BGB, wonach der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet sei. Denn gevestete Optionen seien als Teil der vereinbarten Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung anzusehen. Dies ergebe sich im vorliegenden Fall insbesondere aus den Bestimmungen des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms, wonach die Vesting-Perioden in Zeiten, in denen Mitarbeitende keine Vergütungsansprüche erwerben, ruhen. Zum anderen stelle diese Regelung eine unverhältnismäßige Eigenkündigungserschwerung für den Mitarbeitenden dar, da der Optionsberechtigte zur Vermeidung einer möglichen Vermögenseinbuße durch Verlust der gevesteten Optionen das Arbeitsverhältnis vor einem ungewissen Ausübungsereignis nicht kündigen dürfe. Letztlich sei auch ein in den Programmbestimmungen vorgesehener gradueller Verfall der Optionen, wonach die dem Mitarbeitenden zugeteilten virtuellen Optionen doppelt so schnell verfallen, wie sie gevestet sind, interessenwidrig und somit unwirksam.

Fazit

Der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG ermöglicht es Unternehmen, echte Mitarbeiterbeteiligungen teilweise steuerfrei anzubieten. Doch die praktische Umsetzung ist durch zahlreiche Vorgaben erschwert. Insbesondere das BMF-Schreiben zur Überlassung von Vermögensbeteiligungen vom 01.06.2024 stellt Unternehmen vor Herausforderungen, da es strenge Anforderungen an die Einbeziehung der Mitarbeitenden stellt und nur begrenzte Ausnahmeregelungen zulässt. Der Ausgang der genannten anhängigen BFH-Verfahren kann weitreichende Anpassungen am jeweiligen Mitarbeiterbeteiligungsprogramm erfordern. Eine Lohnsteueranrufungsauskunft kann helfen, bereits im Vorfeld unter Steuergesichtspunkten eine rechtssichere Einschätzung zum Programm zu erlangen.

Arbeitsrechtlich müssen die Bedingungen des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms sowohl den einschlägigen gesetzlichen als auch den – sich wandelnden – gerichtlich konkretisierten Vorgaben entsprechen. So darf ein Beteiligungsprogramm beispielsweise die Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeitenden nicht über Gebühr erschweren. Zudem sind Einschränkungen der Verfallbarkeit zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung gewährt wird.

Ausblick

Echte und virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen sind grundsätzlich mit vielen Vorteilen verbundene Vergütungsbestandteile, doch bei ihrer Implementierung gilt es, einige steuerliche und arbeitsrechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Aus der Pressemitteilung des BAG vom 19.03.2025 zum oben genannten Verfahren zu den virtuellen Mitarbeiterbeteiligungen geht nicht hervor, ob Mitarbeiterbeteiligungsprogramme stets und ohne Ausnahme als Teil der unverfallbaren Vergütung der Mitarbeitenden anzusehen sind oder auch so ausgestaltet sein können, dass sie beispielsweise lediglich einen Anreiz zur Betriebstreue bieten sollen. Hier bleibt die Veröffentlichung der Entscheidungsgründe abzuwarten. Spätestens dann ist dringend zu empfehlen, die bestehenden oder geplanten Programme, Regelungen und Teilnahmevoraussetzungen vor dem Hintergrund der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu prüfen und ggf. zu überarbeiten.

Kontaktpersonen: Wolfgang Hardt, André Thoß, LL.M.