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M&A in Tech – Rechtliches aus der Welt der Tech-Transaktionen


Der Technologiesektor entwickelt sich auf globaler Ebene sehr dynamisch und mit ihm das dortige Transaktionsgeschehen. M&A- und Finanzierungstransaktionen in diesem Sektor haben gewisse Besonderheiten und es hat sich eine Reihe von rechtlichen Instrumenten herausgebildet, um diesen Rechnung zu tragen. Der vorliegende Beitrag möchte einige dieser Besonderheiten und rechtlichen Instrumente vorstellen.

Dynamik im globalen Technologiesektor

Das Transaktionsgeschehen im Technologiesektor in Deutschland entwickelte sich im Jahr 2024 eher schleppend. Gemäß der Studie „Decoding the German Technology Sector 2024“ von EY-Parthenon (S. 19) waren Volumen und Zahl der Transaktionen im deutschen Technologiesektor gegenüber dem Vorjahr rückläufig, wenngleich zumindest die Zahl der 2024 dokumentierten Transaktionen noch deutlich über dem Wert aus dem Jahr 2020 blieb.

Global betrachtet hat sich das Transaktionsgeschehen im Technologiesektor hingegen dynamisch entwickelt. Weltweit stieg das M&A-Volumen im Jahr 2024 um 8 Prozentpunkte, wie sich aus einer auf Daten des Branchendienstes Mergermarket basierenden Studie von Insights (Insights, M&A Highlights 2024: Return to growth, 18.12.2024) ergibt. Dabei entfielen gemäß der Studie 20 Prozent der weltweiten M&A-Aktivität auf den Technologiesektor. Die Transaktionsaktivität legte dort sogar um 16 Prozentpunkte zu und zeigte sich damit gleich doppelt so dynamisch wie die weltweite M&A-Aktivität (sektorübergreifend).

Transaktionsverträge im Technologiesektor

M&A- und Finanzierungstransaktionen im Technologiesektor haben gewisse Besonderheiten. Denn in diesem Sektor stehen bestimmte Situationen, Themen und Herausforderungen im Vordergrund, die in anderen Sektoren eine weniger zentrale Bedeutung haben dürften, unter anderem die besondere Rolle von geistigem Eigentum und Know-how, die hohe Bedeutung bestimmter Einzelpersonen und das (erhoffte) rasante Wachstum der Zielgesellschaft. Es überrascht deshalb nicht, dass sich diese Situationen, Themen und Herausforderungen in der Praxis häufig in der einen oder anderen Form in M&A- und Finanzierungsverträgen wiederfinden.

Sicherung des „Unfassbaren“

Im Technologiesektor liegt der „wahre“ Wert einer Zielgesellschaft für einen Erwerber oder Investor häufig weniger in den Sachanlagen und sonstigen gegenständlichen Vermögenswerten der Zielgesellschaft; häufig hat der Erwerber oder Investor es vielmehr auf das dort vorhandene geistige Eigentum und Know-how „abgesehen“, aus dem heraus zukünftige Erträge erwirtschaftet werden sollen. Insofern ist es für den Erwerber oder Investor regelmäßig besonders wichtig, mit rechtlichen Mitteln dafür zu sorgen, dass die betreffenden Rechte und Rechtspositionen in der Zielgesellschaft tatsächlich vorhanden und frei nutzbar, ordnungsgemäß dokumentiert und registriert und mit den notwendigen Vorkehrungen geschützt und gesichert sind. Hierfür greifen Erwerber und Investoren mittlerweile auf umfangreiche Gewährleistungen zurück, bei denen Verkäufer, Bestandsgesellschafter und/oder Gründer den Erwerbern und Investoren Entsprechendes zusichern. Bei einem Verstoß – wenn sich also später herausstellt, dass das betreffende geistige Eigentum und Know-how zum Beispiel nicht frei nutzbar, nicht ordnungsgemäß registriert oder nicht verkehrsüblich gesichert ist – machen sich Verkäufer, Bestandsgesellschafter und/oder Gründer gegenüber Erwerbern und Investoren schadensersatzpflichtig.

Zusätzlich erwarten Erwerber und Investoren häufig vorsorgliche Übertragungen und Lizenzierungen von Eigentum und/oder Know-how. Dies dient in Fällen, in denen nicht sicher nachweisbar ist, dass geistiges Eigentum und/oder Know-how bei der Zielgesellschaft entstanden oder von den Gründern bzw. Mitarbeitern wirksam auf diese übertragen worden ist, dazu, der Zielgesellschaft die betreffenden Rechte und Rechtspositionen zumindest nachträglich zu verschaffen.

Menschen begeistern

Trotz aller Fokussierung auf Technologie spielen kreative Köpfe – und damit letztlich Menschen – im Technologiesektor eine überragende Rolle. Ein Erwerber oder Investor, dem es gelingt, den charismatischen kreativen Kopf der Zielgesellschaft längerfristig an diese zu binden, darf davon ausgehen, hiervon zukünftig immens zu profitieren. Rechtliche Instrumente können durch positive oder auch negative Anreize helfen, diese Bindung für die betreffenden Personen zu erzeugen und sie dazu zu bringen, sich längerfristig in den Dienst der Zielgesellschaft zu stellen.

Ein negativer Anreiz kann etwa dadurch gesetzt werden, dass die betreffende Person einen Teil ihrer Beteiligung an der Zielgesellschaft gegen eine nicht marktgerechte Gegenleistung abgeben muss, wenn sie ihre Anstellung in der Zielgesellschaft ohne wichtigen Grund aufgibt (Bad Leaver). Umgekehrt können das Erreichen bestimmter, zuvor vereinbarter Ziele und andere besondere Leistungen und Erfolge zum Beispiel durch Earn-outs (nachträgliche Kaufpreisanpassungen) oder die Zuwendung echter oder virtueller Geschäftsanteile (VSOP) an der Zielgesellschaft vergütet werden.

Brücken schlagen, Zukunft kaufen

Schließlich sehen sich an M&A- und Finanzierungstransaktionen Beteiligte im Technologiesektor häufig mit einer Situation konfrontiert, in der die dokumentarisch belegte Performance einer Zielgesellschaft im Augenblick nur wenig beeindruckend wirkt, aber zumindest aus Sicht der Verkäufer überragendes Potenzial für die Zukunft birgt. Tatsächlich gibt es eine Reihe beeindruckender Beispiele, in denen junge Technologieunternehmen innerhalb nur weniger Jahre zu sog. Unicorns – d. h. Unternehmen mit einer Bewertung von über 1 Milliarde Euro – herangewachsen sind. (Zugleich gibt es natürlich unzählige Beispiele, in denen ebenso junge Technologieunternehmen innerhalb desselben Zeitraums aufgeben mussten.)

In den genannten Fällen stehen die Transaktionsbeteiligten vor der Herausforderung, divergierende Vorstellungen über den Kaufpreis überbrücken und im Hier und Heute die zukünftige Entwicklung der Zielgesellschaft „bepreisen“ zu müssen. Auch hierfür hat die Transaktionspraxis einige Instrumente für den rechtlichen „Werkzeugkasten“ entwickelt, um den Transaktionsbeteiligten den Weg zur Bewältigung dieser Herausforderung zu erleichtern: Eine Option besteht etwa darin, ausgehend von einem eher konservativ bemessenen Basiskaufpreis, der mit Vollzug der Transaktion zu zahlen ist, die Möglichkeit vorzusehen, diesen nachträglich nach oben anzupassen (Earn-out). Erreicht die Zielgesellschaft in der Zeit nach Vollzug des Verkaufs bestimmte, zuvor vereinbarte Ziele, sind die Käufer verpflichtet, an die Verkäufer bzw. Investoren eine Nachzahlung auf den Kaufpreis zu leisten. Eine weitere Option, um die Interessen der Transaktionsbeteiligten zusammenzuführen, ist es, den Verkäufern bzw. Investoren als Gegenleistung für die Gerschäftsanteile der Zielgesellschaft nicht (nur) Geld anzubieten, sondern (auch) Geschäftsanteile an den Erwerber- bzw. Investorengesellschaften (Rückbeteiligung). Auf diese Weise werden im Rahmen der Transaktion nicht nur die Erwerber- bzw. Investorengesellschaften Gesellschafter der Zielgesellschaft, sondern die Verkäufer zugleich Gesellschafter der Erwerber- bzw. Investorengesellschaften. Als solche bleiben sie – nunmehr indirekt – an der Zielgesellschaft beteiligt und partizipieren zukünftig (indirekt) von einer positiven Performance derselben.

Zusammenfassung

Der Technologiesektor hat sich im vergangenen Jahr auf globaler Ebene besonders dynamisch entwickelt; das gilt auch für das dortige Transaktionsgeschehen. Transaktionen im Technologiesektor zeichnen sich durch eine Reihe sektorspezifischer Besonderheiten aus, zu denen die besondere Rolle von geistigem Eigentum und Know-how, die hohe Bedeutung bestimmter, einzelner Personen sowie das (erhoffte) rasante Wachstum der Zielgesellschaft zählen. Diese (und andere) Besonderheiten finden auch in M&A- und Finanzierungsverträgen im Technologiesektor ihren Niederschlag.

  • Sicherung des „Unfassbaren“: Sicherung von geistigem Eigentum und Know-how durch Garantien, vorsorgliche Übertragungen/Lizenzierungen und andere Instrumente
  • Menschen begeistern: Bindung wichtiger Personen an die Zielgesellschaft durch positive und negative Anreize wie Bad-Leaver-Klauseln, Earn-outs, (echte oder virtuelle) Geschäftsanteile und andere Anreizmechanismen
  • Brücken schlagen, Zukunft kaufen: dynamische Kaufpreisgestaltung durch Earn-outs, Rückbeteiligung und andere Methoden zur Überbrückung divergierender Kaufpreisvorstellungen

Ausblick

Die Dynamik des globalen Technologiesektors und des dortigen Transaktionsgeschehens macht Hoffnung, ebenso wie der im Technologiesektor allenthalben zu spürende optimistische Blick auf die Zukunft. So darf die rechtliche M&A- und Finanzierungspraxis zuversichtlich sein, den Technologiesektor auch in Zukunft mit den von ihr entwickelten und noch zu entwickelnden Instrumenten auf seinem dynamischen Weg zu unterstützen.