Sachverhalt
Der Kläger vereinbarte mit der Beklagten Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell. Die Passivphase begann am 01.05.2022. Im Rahmen der Tarifrunde 2023 einigten sich der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaften im Tarifvertrag über eine einmalige Sonderzahlung gemäß § 3 Nr. 11c EStG (TV IAP) auf die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie von 3.000 EUR, die unabhängig vom Beschäftigungsgrad gezahlt werden sollte. Allerdings wurden Arbeitnehmer, die sich am 31.05.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befanden, von der Zahlung ausgeschlossen. Arbeitnehmer, die sich an diesem Stichtag in Elternzeit befanden, waren dagegen anspruchsberechtigt.
Der hiervon betroffene Arbeitnehmer klagte auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie und argumentierte, dass der Ausschluss eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstelle, da die Prämie ausschließlich zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise gezahlt werde. Diese würden Arbeitnehmer in der Passivphase ihrer Altersteilzeit gleichermaßen betreffen.
Entscheidung des LAG
Die Klage scheiterte in der ersten Instanz (ArbG Essen, Urteil vom 23.20.2023 – Az.: 6 Ca 1687/23). Auch die Berufung vor dem Landgericht Düsseldorf (LAG) blieb erfolglos. In seinem Urteil vom 05.03.2024 – Az.: 14 Sa 1148/23 stellte das LAG fest, dass der tarifliche Ausschluss von der Inflationsausgleichsprämie für Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit wirksam sei und ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht vorliege. Arbeitnehmer in der aktiven und passiven Phase der Altersteilzeit im Blockmodell würden sich nicht in einer vergleichbaren Lage befinden. Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern, die kontinuierlich Arbeitsleistung erbringen würden, würde in der Passivphase der Altersteilzeit lediglich das in der Aktivphase erarbeitete Entgelt als Wertguthaben ausgezahlt.
Nach Auffassung des LAG stelle die Inflationsausgleichsprämie zudem einen arbeitsleistungsbezogenen Vergütungsbestandteil dar. Die Tarifparteien hätten zum Ausdruck gebracht, dass durch die Prämie auch die Arbeitsleistung vergütet werden solle. Zudem solle durch die Prämie die Betriebstreue belohnt werden. Diese Aspekte seien aber für Arbeitnehmer, die sich in der Passivphase ihrer Altersteilzeit befinden, nicht mehr relevant und somit auch nicht zu honorieren.
Entscheidung des BAG
Der Kläger hatte mit der Revision vor dem BAG Erfolg. Das Gericht hat entschieden, dass der Ausschluss von Arbeitnehmern in der Passivphase der Altersteilzeit gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstoße. Hiernach dürften Teilzeitbeschäftigte wegen ihrer Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung werde durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG müsse einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere geldwerte Leistung mindestens im Umfang seines Arbeitszeitanteils im Vergleich zu einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer gewährt werden. Das gilt auch für die Altersteilzeit.
Nach Auffassung des BAG führt die klagegegenständliche tarifliche Regelung zu einer Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten, da gerade die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium für die vorliegende Differenzierung darstelle. Eine solche Schlechterstellung sei nur unter engen Voraussetzungen sachlich gerechtfertigt. Allein das unterschiedliche Arbeitspensum rechtfertige die Ungleichbehandlung nicht. Der Grund für die Schlechterstellung müsse hierfür aus dem Verhältnis zwischen dem Leistungszweck und dem Umfang der Teilzeitarbeit abgeleitet werden können. Die unterschiedliche Behandlung müsse einem echten Bedarf entsprechen und zur Erreichung der Ziele erforderlich sein.
Zwar seien die Tarifvertragsparteien bei der Festlegung des Leistungszwecks tariflicher Regelungen im Rahmen der gemäß Art. 9 Abs. 3 GG gewährten Tarifautonomie weitgehend frei. Allerdings sei im vorliegenden Fall die Rechtsetzungsbefugnis der Tarifparteien überschritten worden. Eine Rechtfertigung der Schlechterstellung sei durch die verfolgten Leistungszwecke nicht gegeben.
Nach Auffassung des BAG sei das einzige verfolgte Ziel der Prämie, die gestiegenen Verbraucherpreise abzumildern. Die Inflationsausgleichsprämie sei kein Vergütungsbestandteil. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass Arbeitnehmer, die sich in Elternzeit befinden, gerade anspruchsberechtigt seien, obwohl sie sich zum Stichtag im ruhenden Arbeitsverhältnis befinden und keine zu vergütende Arbeitsleistung erbringen. Mit der Prämie werde auch nicht der Anreiz für eine zukünftige Betriebstreue verfolgt. Zwar werde die geleistete Betriebstreue honoriert, diese sei aber von den Arbeitnehmern in Altersteilzeit vor dem Stichtag genauso erbracht worden.